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Die wissenschaftliche Entdeckung der Sonnenflecken gelang G. GALILEI
(1564-1642) im Jahre 1610. Unabhängig von ihm machte C. SCHEINER
(1543-1650) in Jahre 1611 die gleiche Entdeckung. Sein besonderes Verdienst
bei der Erforschung der Fleckenphänomene sind
die in der Folgezeit über einen längeren Zeitraum von ihm angestellten
systematischen Beobachtungen der Flecken.
Auf der Sonnenscheibe erscheinen die Flecken gegenüber ihrer Umgebung dunkel.
Bei größeren Flecken ist im allgemeinen der dunkle Kern, die Umbra,
von einem etwas helleren Hof, der sogenannten Penumbra, umgeben. Der
dunkle Eindruck der Flecken ist eine Folge des Kontrastes. Tatsächlich
wird auch aus den Fleckengebieten Strahlung emittiert. Ihr Betrag entspricht
aber einer effektiven Temperatur von etwa 4000 K. Das bedeutet zur heißeren
Umgebung eine Temperaturdifferenz von rund 1800 K.
Neben Einzelflecken treten Fleckenpaare oder ganze Fleckengruppen auf. Ihre
geometrischen Größen sind recht unterschiedlich und reichen von den gerade
noch im Teleskop erkennbaren Poren bis zu mit bloßem Auge sichtbaren
Flecken. (Vorsicht! Beobachtungen nur mit einem lichtschwächenden
Filter oder höchstens bei Sonnenständen in der Nähe des Horizontes machen.)
Flächenmäßig bedeckt aber selbst eine große Fleckengruppe nur etwa das
fache der Sonnenoberfläche.
Bereits frühzeitig erkannte man Veränderungen an der Fleckenform und -größe
sowie die Fleckenbewegung auf der Sonnenscheibe als Folge der Rotation der
Sonne. Die Formveränderungen der Flecken folgen einem Schema: Meistens
entwickeln sich aus der Granulation räumlich benachbarte Poren, die
zu zwei Flecken heranwachsen. Das Fleckenpaar entfernt sich voneinander, und
in ihrem Zwischenraum bilden sich weitere kleine Flecken. Der in
Rotationsrichtung
der Sonne nachfolgende Fleck verkleinert sich im Laufe der Zeit und zerfällt
wie auch die kleineren Flecken der Gruppe. Übrig bleibt der führende große
Fleck, der einige Sonnenumdrehungen überdauern kann, bis auch er sich
auflöst. Die Lebensdauer einer Fleckengruppe kann bis zu 4 Monaten
erreichen. Die Lebensdauer einzelner Flecken ist dagegen deutlich kleiner.
So haben 50% dieser Flecken eine Lebensdauer von und 90% eine
Lebensdauer von .
In den Sonnenflecken konzentrieren sich sehr starke Magnetfelder, deren
Stärke 0,4 Tesla erreichen kann. Bei Fleckenpaaren haben die Einzelflecken
eine entgegengesetzte Polarität. Dabei tritt bei einem der Flecken das
Büschel der magnetischen Kraftlinien aus der Photosphäre aus und beim
anderen wieder ein. Das Vorhandensein dieser lokalen Magnetfelder h"alt den
großen Temperaturgegensatz der Gase in den Flecken und ihrer unmittelbaren
Umgebung aufrecht, indem es die Durchmischung und damit den Wärmeaustausch
der Gase unterbindet. Die Entwicklung einer Fleckengruppe wird von den
lokalen Magnetfeldern beeinflußt, etwa indem sich ihre Konfiguration ändert.
Bei der Neuanordnung (Rekonnexion) der Kraftlinien kann eine einfachere
Struktur der Magnetfelder entstehen und die dabei freiwerdende magnetische
Energie in Form von Strahlung abgegeben werden. Eine optisch sichtbare
Form der Emission sind die sogenannten flares ("`Flackern"').
Das Vorkommen der Flecken beschränkt sich auf zwei Gürtel beiderseits des
Sonnenäquators, die sich über die heliographischen Breiten
bis erstrecken. Das Häufungsmaximum der Flecken liegt bei
(dabei steht + für die Nordhalbkugel der Sonne und - für deren
Südhalbkugel).
Die Häufigkeit des Auftretens der Flecken unterliegt einem Zyklus von im
Mittel 11 Jahren Dauer; Abweichungen von diesem Wert von bis zu 6 Jahren
wurden aber festgestellt. Die Entdeckung des Sonnenfleckenrhythmus gelang
H. SCHWABE (1789-1875) im Jahre 1843. Am Anfang eines derartigen
Zyklus
treten die Flecken vorwiegend in höheren heliographischen Breiten (innerhalb
der Gürtel) auf, später verlagern sich die Aktivitätszentren näher an den
Sonnenäquator ("`Äquatorwanderung der Fleckenherde"'). Während sich an ihm
die letzten Flecken des alten Zyklus bilden, entstehen in höheren Breiten
bereits die Flecken des neuen Zyklus.
Die Rotationsdauer der Sonne wurde mit Hilfe der Flecken, aber auch anderer
Erscheinungen eingehend untersucht. Dabei stellte sich heraus, daß die Sonne
nicht
wie ein starrer Körper, sondern differentiell rotiert. Die Rotationsgeschwindigkeit
ist am Sonnenäquator am größten und nimmt in Richtung höherer heliographischer
Breiten ab. Eine gute analytische Näherung für den differentiellen
Rotationsverlauf nach Sonnenfleckenbeobachtungen in der äquatornahen Zone
stellt die Beziehung
|
(1) |
dar. In ihr bedeuten
die Winkelgeschwindigkeit
pro Tag bei der heliographischen Breite auf der Sonne.
Danach vollführt ein Punkt auf dem
Äquator in 24,86 Tagen einen siderischen Umlauf. Bei der heliographischen Breite
den Gebieten des häufigsten Auftretens von
Sonnenflecken erhöht
sich die siderische Umlaufperiode auf .
Als Folge der differentiellen
Rotation werden Fleckengruppen, die sich über einen größeren
Breitenbereich erstrecken, in Rotationsrichtung auseinander gezogen.
Die Flecken sind optisch das auffälligste Merkmal einer Anzahl anderer in
ihrer Nachbarschaft auftretenden
Erscheinungen wie etwa die Fackeln, Protuberanzen, flares, Eruptionen.
Zwischen ihnen bestehen im Verlauf der Entwicklung eines Aktivitätsgebietes
komplizierte Wechselwirkungen.
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Juergen Weiprecht
2002-10-29