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Die frühesten Versuche einer rechnerischen Darstellung der Planetenbewegung
trugen rein empirischen Charakter und gipfelten in den von KEPLER aus
den
Beobachtungsdaten TYCHO BRAHEs abgeleiteten drei Gesetzen der
Planetenbewegung. Auf dieser Grundlage wurde es schon vor der Entdeckung
des Gravitationsgesetzes durch NEWTON möglich, auf der Basis dynamischer
Prinzipien allgemeine Theorien der Planetenbewegung zu entwickeln.
LEVERRIERs Theorie der Bewegung der inneren Planeten für die Epoche
1850 verkörperte die erste systematische Anwendung dynamischer Prinzipien in
der Himmelsmechanik. Da LEVERRIER nur die NEWTONsche Mechanik
zugrunde legen konnte, war die säkulare Perihelbewegung mit seiner Theorie
nicht vollständig erklärbar. Er sah sich durch diesen Umstand veranlaßt,
seine Formeln durch nichtdynamische Terme zu ergänzen, um Theorie und
Beobachtung in Übereinstimmung zu bringen.
Um die Jahrhundertwende schuf SIMON NEWCOMB, ebenfalls auf der Grundlage
der NEWTONschen Mechanik, eine verbesserte Theorie der Bewegung der
Planeten. Zur Erklärung der relativistischen Periheldrehung nahm er
an, daß die Gravitationskraft zwischen zwei Massen und
nicht exakt mit dem Reziproken des Quadrats der Entfernung
abnimmt, sondern um einen Betrag davon abweicht. Es sollte
gelten
|
(1) |
Damit war nach seiner Theorie ein gewisser Teil der Periheldrehung
eine Folge der nicht exakten Gültigkeit des
Gravitationsgesetzes, während sich der Rest durch die Störungstheorie
erklären ließ. NEWCOMB benutze den Wert
. Der
Betrag der permanenten Periheldrehung ergab sich nach seiner Theorie
durch einfache Multiplikation der mittleren täglichen Bewegung, ,
(siehe Aufgabe Nr. 13) eines Planeten mit . Diese einfache
Rechnung führt für den Planeten Merkur auf eine Periheldrehung von
pro Jahr, den Wert, der später zwanglos aus der allgemeinen
Relativitätstheorie abgeleitet werden konnte [1].
NEWCOMB hat damit als erster eine vom NEWTONschen Gravitationsgesetz
abweichende Zentralkraft zur Erklärung beobachteter Phänomene der
Planetenbewegung benutzt. Das allgemeine KEPLERproblem beinhaltet
nun die Frage, wie die Bewegung zweier Massenpunkte unter dem Einfluß
beliebiger Zentralkräfte abläuft, das heißt, in all den Fällen,
in denen sich eine Potentialfunktion angeben läßt.
Zwar ist dieses Problem überwiegend von rein mathematischem
Interesse, jedoch sind mindestens zwei Sonderfälle für die
Himmelsmechanik auch von praktischer Bedeutung. Der erste Fall
betrifft die Bewegung von Sternen in Kugelsternhaufen
oder im Zentralgebiet einer Galaxie, also in Gebieten mit hoher Stern- und
damit auch relativ hoher Massendichte.
Der zweite Fall betrifft die Bewegung sonnennaher Planeten (Merkur)
oder enger Doppelsternsysteme, bei denen man bereits die Effekte
der allgemeinen Relativitätstheorie berücksichtigen muß [2].
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Juergen Weiprecht
2002-10-29