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6.1 Allgemeine Grundlagen

Das Spektrum der von den Sternen ausgehenden elektromagnetischen Strahlung besteht aus einem Kontinuum, dem zum überwiegenden Teil Absorptionslinien überlagert sind; aber auch Emissionslinien können auftreten. Die Entdeckung von 7 dunklen Linien im Spektrum der Sonne gelang 1802 WOLLASTON. Etwas später, 1814, gab J. FRAUNHOFER ein Verzeichnis von 567 Linien heraus und bezeichnete die stärksten mit Buchstaben. Diese Bezeichnungsweise hat sich neben der jetzt üblichen Kennzeichnung der Linien durch ihre Wellenlänge bzw. Frequenz aus historischen Gründen noch erhalten. Im Jahre 1823 gelang FRAUNHOFER der Nachweis ähnlicher Linien in den Spektren einiger Sterne. Im Jahre 1859 entdeckten G. KIRCHHOFF und R. BUNSEN bei Laboruntersuchungen, daß in dem kontinuierlichen Spektrum der von einem heißglühenden Festkörper ausgehenden Strahlung dunkle Linien auftraten, wenn die Strahlung durch ein kühles Gas ging. Darüberhinaus stellten sie fest, daß bei einer hinreichenden Erhitzung des gleichen Gases bei denselben Wellenlängen Emissionslinien auftraten. Außerdem ist die Lage der auftretenden Absorptions- bzw. Emissionslinien im Spektrum für jedes chemische Element charakteristisch. Diese Erkenntnis eröffnete die prinzipielle Möglichkeit, die stoffliche Beschaffenheit der äußeren Schichten der Sterne zu untersuchen, aus denen die elektromagnetische Strahlung stammt. Diese Schicht wird im allgemeinen als Photosphäre bzw. Sternatmosphäre bezeichnet. Das Vorhandensein eines bestimmten chemischen Elements in einer Sternatmosphäre ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für das Auftreten der charakteristischen Linien in einem Sternspektrum. Damit es zu einer beobachtbaren Linienabsorption bzw. -emission kommt, müssen die sogenannten Anregungsbedingungen erfüllt sein, die ihrerseits von den in den Sternatmosphären herrschenden Druck- und Temperaturverhältnissen abhängen. Sie bestimmen maßgeblich die Stärke der Linien. Die Durchführung einer quantitativen Spektralanalyse setzt die Kenntnis der Verläufe von Temperatur und Druck in der Sternatmosphäre voraus. Da sie am Anfang der Untersuchung nicht bekannt sind, läßt sich die Aufgabe nur durch schrittweise Annäherung lösen. Hierfür sind Standardverfahren entwickelt worden. Die Anwendung der quantitativen Spektralanalyse ist nicht auf die Sternatmosphären beschränkt, sondern kann in - den jeweiligen physikalischen Bedingungen - angepaßter Form in anderen Gebieten der Astronomie, z.B. bei der Untersuchung des interstellaren Gases erfolgen. Am Anfang der Untersuchung von Sternspektren stand die visuelle Betrachtung am Spektroskop, später die photographische Aufnahme der Spektren. In beiden Fällen wurde nur ein schmaler Ausschnitt aus dem gesamten elektromagnetischen Spektrum erfaßt. Der Grund hierfür liegt in der wellenlängenmäßigen Begrenzung der Empfindlichkeit der verwendeten Empfänger (z.B. Auge, Photoplatte, CCD) sowie der Durchlaßfähigkeit der Erdatmosphäre und der verwendeten Optik für die einfallende Strahlung. Verlagert man den Beobachtungsort in den Weltraum, so kann man die Beeinträchtigung der Beobachtungen durch die Erdatmosphäre umgehen. Ziel der Bemühungen muß sein, den Wellenlängenbereich eines Spektrums möglichst groß zu machen, damit möglichst viele der von den Atomen eines chemischen Elements absorbierten bzw. emittierten Linien für die quantitative Spektralanalyse zur Verfügung stehen.
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Juergen Weiprecht 2002-10-29