50-jähriges Jubiläum der Universitäts-Sternwarte

in Großschwabhausen

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde von Jenaer Astronomen der Bau einer Sternwarte außerhalb des Saaletals angeregt, um von dort aus ungestört von Lichtverschmutzung und unter guten atmosphärischen Beobachtungsbedingungen astronomische Forschung betreiben zu können. Durch die Wirren der beiden Weltkriege und der damit bedingten Finanzierungsprobleme verzögerte sich die Realisierung dieses Vorhaben aber bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts. 1956 wurde dann beim VEB Carl Zeiss in Jena mit der Fertigung eines 90cm-Spiegelteleskops samt Montierung begonnen. Die architektonische Gestaltung des Sternwartengebäudes übernahm der Jenaer Architekten und Bauhausschüler Hans Schlag. Die Errichtung des Sternwartengebäudes samt Kuppel erfolgte dann 1961 und wurde im Laufe des Jahres 1962 abgeschlossen. Im gleichen Jahr installierte Zeiss das 90cm-Teleskop auf seiner Gabelmontierung in der Kuppel der Sternwarte. Am 6. Dezember 1962 wurde das Instrument offiziell dann von Zeiss an das Astrophysikalische Institut der Friedrich-Schiller-Universität übergeben. Im Laufe des Folgejahres führten die Jenaer Astronomen eine intensive Funktionsprüfung des neu installierten Teleskops durch, wobei die ersten photographischen Himmelsaufnahmen entstanden.

Seit nun mehr 50 Jahren betreibt das Astrophysikalische Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine Universitäts-Sternwarte, die sich ca. 10km westlich von Jena im Hain bei Großschwabhausen befindet. Das Observatorium ist mit einem 90cm-Spiegelteleskop ausgestattet, dass auf einer Gabelmontierung in der Kuppel der Sternwarte installiert ist. Das Teleskop kann entweder als lichtstarke Schmidt-Kamera, zur tiefen Beobachtung ausgedehnter Himmelsareale bzw. als Nasmyth-Teleskop mit längerer Objektivbrennweite zur Spektroskopie genutzt werden. Neben dem 90cm-Teleskop stehen an der Universitäts-Sternwarte noch zwei weitere Teleskope, ein 20cm-Refraktor sowie ein Cassegrain mit 25cm Objektivöffnung zur Verfügung, die beide am Tubus des 90cm-Teleskops montiert sind.

In den folgenden zwei Jahrzehnten konnten mehr als 1000 Photoplatten am 90cm-Teleskop der Sternwarte aufgenommen werden, die in den letzten Jahren am Astrophysikalischen Institut digitalisiert wurden um ihre Qualität in ungeminderter Form auch für die nächsten Jahrzehnte zu erhalten. Neben den photographischen Himmelsbeobachtungen und der Aufnahme von Sternspektren konnten an der Sternwarte auch photometrische Messungen mit lichtelektrischen Sternphotometern durchgeführt werden. 1995 kam dann erstmals eine CCD-Kamera im Schmidtfokus des 90cm-Telskops zum Einsatz, die später neben der Photometrie auch noch für Polarisationsmessungen verwendet wurde. Bis zur Jahrtausendwende wurden an der Sternwarte, Supernova-Überwachungsprogramme, photometrische Untersuchungen an offenen Sternhaufen und variablen Sternen, sowie die astrometrische Vermessung der Bewegung von Sternen, Kometen und Kleinplaneten durchgeführt. Nach dem Standort der Universitäts-Sternwarte erhielt auch der 1990 entdeckte Planetoid 7580 den Namen „Schwabhausen“. Die langjährigen photometrischen Messkampagnen ermöglichten zudem eine Analyse der Langzeitvariabilität der atmosphärischen Extinktion am Beobachtungsstandort der Sternwarte im Hain beim Großschwabhausen.

Mitte des letzten Jahrzehnts wurden dann umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen an der Sternwarte durchgeführt um einen optimalen allnächtlichen Beobachtungsbetrieb auch in Zukunft zu gewährleisten. Dabei wurde die Teleskopmontierung zunächst mit neuen Motoren zum computergestützten Antrieb in beiden Achsen ausgestattet. Ein Kontrollraum zur Steuerung des Teleskops wurde im ersten Stockwerk des Sternwartengebäudes unterhalb der Kuppel eingerichtet. Zur Ansteuerung des Teleskops wurde eine Steuersoftware am Astrophysikalischen Institut entwickelt. Schrittweise erfolgte dann die Installation moderner lichtempfindlicher CCD-Kameras an den drei Teleskopen der Sternwarte. Zudem wurde am Nasmyth-Fokus des 90cm-Teleskops ein glasfasergekoppelter Spektrograph montiert. Die Bedienung der neuen Beobachtungsinstrumente erfolgt vom Kontrollraum aus. Der Betrieb dreier Teleskope auf einer Montierung ermöglicht dabei eine simultane photometrische Untersuchung von Himmelsobjekten in verschiedenen Filtern bzw. in Kombination mit dem Spektrographen, simultane spektro-photometrische Messungen.

Seit Abschluss der Modernisierungsaktivitäten konnten an der Universitäts-Sternwarte bereits wieder astronomische Beobachtungen in vielen hundert Nächten durchgeführt werden. Die dabei gewonnen Beobachtungsergebnisse wurde in zahlreichen Artikeln in referierten Astronomiemagazinen publiziert. Neben der Beobachtung aktueller interessanter Himmelsereignisse, wie z.B. Helligkeitsausbrüche von Kometen oder helle Supernovaexplosionen wurden an der Universitäts-Sternwarte Beobachtungsprogramme zur Bestimmung von Rotationsperioden junger Sterne in Sternentstehungsgebieten, zur spektroskopischen Altersbestimmung von Sternen, zur spektro-photometrische Untersuchung massereicher Sterne in jungen Sternhaufen, wie auch zur Vermessung aktueller Orbitephemeriden hunderter Doppelsterne durchgeführt. Neben diesen Projekten werden die einzelnen Instrumente der Sternwarte heute im Wesentlichen im Rahmen von sehr umfangreichen und zeitintensiven Langzeitbeobachtungskampagnen genutzt. Dabei werden zum einen Sterne mit bekannten Exoplaneten beobachtet, die von der Erde aus gesehen genau vor ihrem Stern herziehen. Die Exoplaneten dieser Sterne lassen sich so indirekt während ihres Transits beobachten. Die mit den Instrumenten der Sternwarte erreichte hohen photometrische Messgenauigkeit erlaubt dabei eine präzise Vermessung der zeitlichen Verläufe der Transit-Lichtkurven, was eine Detektion weiterer Planeten der beobachteten Sterne mittels der so genannten Transitzeitvariations-Technik ermöglicht. Während der letzten Jahre konnten so an der Sternwarte bereits neue Exoplaneten nachgewiesen werden.

Schließlich ist die Universitäts-Sternwarte heute federführend an der weltweiten Beobachtungskampagne YETI (Young Exoplanet Transit Initiative) zur Suche nach Transit-Planeten in jungen offenen Sternhaufen beteiligt. Darin werden über viele Wochen hinweg junge Sternhaufen auf jegliche Art von Variabilität hin untersucht. Die Beobachtung von mehreren Observatorien an verschiedenen Längengraden auf der Erde erlaubt dabei eine kontinuierliche Vermessung der Helligkeit aller Sterne der untersuchten Sternhaufen während der gesamten Dauer der Beobachtungskampagne. So können neue junge variable Sterne, Helligkeitsausbrüche junger Sterne (Flares), aber auch Transits von jungen Exoplaneten aufgespürt werden, die die Mitgliedssterne der Sternhaufen umkreisen. Insbesondere die Detektion dieser jungen Transit-Planeten ist dabei von besonderem Interesse, da sich aus den gewonnenen Lichtkurven dann die Radien dieser Planeten bestimmen lassen, womit theoretische Rechnungen zur Planetenentwicklung getestet werden können.

Kontakt

Dr. Markus Mugrauer

Astrophysikalisches Institut und Universitäts-Sternwarte Jena

e-mail: markus (at) astro.uni-jena.de

Tel: +49 3641 947514

Fax: +49 3641 947502

Link zur Pressemitteilung der FSU | Link zur Homepage der Universitäts-Sternwarte | Link zur Homepage des AIU
Links: Entwurfskizzen zum Gebäude der Universitäts-Sternwarte.

Rechts: Einheben des 90cm-Teleskops in die Kuppel der Universitäts-Sternwarte.

Links: Der junge offene Sternhaufen Trumpler 37 aufgenommen im B-, V- und R-Band mit der Schmidt-Teleskop-Kamera (STK) am 90cm-Spiegelteleskop der Universitäts-Sternwarte. Dieser Haufen wurde im Rahmen des YETI-Projekts in zahlreichen Nächten an der Sternwarte mit der STK beobachtet.

Rechts: Der Orionnebel aufgenommen im B-, V- und R-Band mit der Schmidt-Teleskop-Kamera (STK) am 90cm-Spiegelteleskop der Universitäts-Sternwarte. Diese Aufnahme entstand Ende 2011 direkt nach der Neubelegung des Hauptspiegels des 90cm-Teleskops.