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7.1.3.2 Gestirnsdurchmesser

Die bei der interferometrischen Vermessung von Doppelsternsystemen vernachlässigte Winkelausdehnung der Sternscheibchen kann hinsichtlich ihres Einflusses auf den Grad der Kohärenz (den Kontrast im resultierenden Interferenzstreifensystem) des beim Beobachter ankommenden Lichtes ermittelt werden. Die nach einem Doppelspalt zu erwartende Intensitätsverteilung $I(x)$ des Lichtes einer ausgedehnten Quelle ergibt sich aus der inkohärenten Überlagerung der Doppelspalt-Intensitätsverteilungen d$I(x_0)$, die von allen infinitesimal großen Raumwinkelbereichen der Quelle erzeugt und durch Gleichung (1) beschrieben werden (zwei Intensitätsverteilungen waren es beim Doppelstern). Im folgenden sollen $I(x)$ und darauf aufbauend $V$ für eine in $x$-Richtung ausgedehnte Spaltquelle mit einer über ihre Winkelausdehnung $\alpha$ konstanten Intensität $I_{\rm 1D}$ hergeleitet werden ($\alpha$ erscheint in der Brennebene als lineare Ausdehnung $a$, siehe Abb. 6). Entsprechend dem zuvor gesagten erhält man $I(x)$ durch Integration der d$I(x_0)$ (beim Doppelstern hatte man einfach nur zu addieren):
\begin{displaymath}
I(x) = I_{\rm 1D} \int\limits_{-\frac{a}{2}}^{+\frac{a}{2}}...
...rac{d}{\lambda} \pi \frac{x-x_0}{f} \right) \ \ {\rm d}x_0.
\end{displaymath} (6)


Gleichung (6) kann analog zu Gleichung (3) vereinfacht werden, indem der modulierende Einfluß des Terms $(\frac{\sin u}{u})^2$ vernachlässigt wird, was im Falle einer gegen den Spaltabstand $d$ sehr kleinen Spaltbreite im Zentrum der Intensitätsverteilung recht gut gilt. Bei Verwendung der Hilfsgröße $D = \frac{d}{\lambda} \frac{\pi}{f}$ ergibt sich:
\begin{displaymath}
I(x) = 4 I_{\rm 1D} \int\limits_{-\frac{a}{2}}^{+\frac{a}{2}}
\cos^2 \left(D (x-x_0) \right) \ \ {\rm d}x_0.
\end{displaymath} (7)

Nach Anwendung verschiedener Winkelfunktionsbeziehungen und Integration erhält man:

\begin{displaymath}
I(x) = 2 I_{\rm 1D} \cdot a \left( 1 + \frac{\sin(D \cdot a)}{D \cdot a}
\cos(2D \cdot x) \right),
\end{displaymath}

woraus sich $I_{\rm max}$, $I_{\rm min}$ und daraus folgend $V(d)$ ergeben:
$\displaystyle I_{\rm max} = I(x \hspace{-1mm}=\hspace{-1mm}0) =
2 I_{\rm 1D} \c...
...a \left( 1 - \left\vert \frac{\sin (D \cdot a)}{D \cdot a}
\right\vert \right),$      


\begin{displaymath}
V(d) = \left\vert \frac{\sin (D \cdot a)}{D \cdot a} \right...
...a} \pi \alpha)}
{\frac{d}{\lambda} \pi\alpha} \right\vert.
\end{displaymath} (8)



Der mit (8) erhaltene Verlauf von $V(d)$ ist in Abb. 7 dargestellt. Die Abb. zeigt außerdem zwei weitere Kontrastfunktionen $V(d)$, die im Falle anderer 1D-Intensitätsverteilungen des Objektes zu erwarten sind, wobei auf deren Herleitung, die prinzipiell im Sinne der zuvor beschriebenen verläuft, auf Grund des erhöhten Rechenaufwandes verzichtet wird. Bei Betrachtung der in Abb. 7 gezeigten Intensitätsverteilungen und der dazugehörigen Kontrastfunktionen zeigt sich eine Ähnlichkeit zwischen den Ausdrücken für $V$ und den entsprechenden Beugungsmustern für Blendenöffnungen gleichen Aussehens, die ihren Ausdruck im van Cittert-Zernike-Theorem findet. Das van CITTERT-ZERNIKE-Theorem besagt, daß der Kohärenzgrad der Strahlung eines Objektes, der von einem Punkt P$_1$ bezüglich eines Punktes P$_2$ im Wellenfeld (die Korrelation der Wellenbewegung in diesen Punkten) beim Beobachter entstanden ist, dem bei P$_1$ vorliegenden Wert der bezüglich P$_2$ auf eins normierten Verteilung der dem Objekt entsprechenden Beugungsintensität entspricht. Sind die Punkte P$_1$ und P$_2$ nicht weit voneinander entfernt (bei einer kleinen Winkelausdehnung des Objektes), d.h. im Falle FRAUNHOFERscher Beugung, entspricht der Kohärenzgrad (und damit der Kontrast) der normalisierten FOURIERtransformierten der Intensitätsverteilung des Objektes. Bei einer über das Objekt konstanten Intensität ist $V$ im Falle einer Spaltquelle also die $\frac{\sin u}{u}$-Funktion und im Falle einer kreisförmigen Quelle die BESSELfunktion 1. Ordnung. Der für eine kreisförmige Scheibe konstanter Intensität gültige Verlauf von $V(d)$ ist derjenige, der zur Bestimmung der Winkeldurchmesser $\alpha$ von Himmelskörpern in erster Näherung genügt:
\begin{displaymath}
V(d) = 2 \left\vert \frac{J_1 (\frac{d}{\lambda} \pi \alpha)}
{\frac{d}{\lambda} \pi \alpha} \right\vert.
\end{displaymath} (9)

Bei $d=0$ ist $V(d)=1$, bei $d=1,22 \frac{\lambda}{\alpha}$, ( $\frac{d}{\lambda} \pi \alpha \approx 3,83$) wird $V(d)$ erstmals Null. Mit der weiteren Vergrößerung von $d$ wächst $V(d)$ wieder, wobei im Zentrum des Interferenzstreifensystems diesmal ein Minimum zu finden ist. Bei $\frac{d}{\lambda} \pi \alpha \approx 7,02$ wird $V(d)$ erneut zu Null. In dem folgenden Abschnitt von $V(d)>0$ liegt im Zentrum des Streifensystems wieder das Maximum usw.. Die in Abb. 8 gezeigten Verläufe von $V(d)$ wurden mit Hilfe Computerprogramms VISIBILITY [16] berechnet.




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Juergen Weiprecht 2002-10-29