next up previous contents
Next: Theoretische Grundlagen Up: Lichtelektrische Photometrie an Standardsternen Previous: Lichtelektrische Photometrie an Standardsternen   Contents

8.1 Astronomische Photometrie

Fast alle astronomischen Beobachtungen nutzen in der einen oder anderen Weise die elektromagnetische Strahlung, die von den Himmelskörpern zu uns gelangt. Ziel der Messungen ist im allgemeinen, die zweidimensionale Verteilung von Strahlungsströmen zu ermitteln. Die Auswertung geschieht unter zwei Gesichtspunkten:
- Im ersten Falle geht es um die Bestimmung der Richtung, aus der die Strahlung eingefallen ist, in ihrer zeitlichen Abhängigkeit (Astrometrie).
- Zum anderen ist der Strahlungsstrom in Abhängigkeit von der Wellenlänge, dem Ort und der Zeit zu messen (astrophysikalische Messungen). Die relativen Meßfehler sollten nicht mehr als 1% betragen, die erforderliche Winkelauflösung liegt zwischen $1 ''$ und $10''$, nur in Sonderfällen in der Größenordnung von $0,1''$. Die zeitliche Auflösung beträgt Stunden oder Minuten, für spezielle Messungen aber bis zu 1 ms. Die astronomische Photometrie hat die Aufgabe, quantitative Angaben über die beobachtete Helligkeit der Beobachtungsobjekte zu machen. Dafür wurden und werden eine Reihe von lichtoptischen Sensoren eingesetzt, die in der Übersicht in Abb. 1 zusammengestellt sind.


Abb. 1: Übersicht über die Struktur lichtoptischer Bildsensoren für schwache Intensitäten

Einfallende Photonen können mit dem Auge, der photographischen Emulsion, einer Photokatode (äußerer lichtelektrischer Effekt) oder mit halbleitenden Empfängern (innerer lichtelektrischer Effekt) wechselwirken. Durch Kombination elektronenoptischer Systeme und der TV-Technik werden eine Reihe verschiedener Bildsensoren realisiert. Die photographische Emulsion als der Strahlungsdetektor der Photoplatte kann als Array mit nach Ort und Größe zufällig verteilten Bildelementen (engl. picture element: Pixel) mit innerem Übersprechen aufgefaßt werden. Die Schwärzung ist von der Intensität und der Wellenlänge des auffallenden Lichts nichtlinear abhängig, Rauschen und Auflösung sind ihrerseits dichteabhängig. Die Schwärzung kann sowohl durch Photonen (Photographie) als auch durch Elektronen (Elektronographie) hervorgerufen werden. Vakuum-Photozellen wurden bereits 1913 durch E. MEYER und H. ROSENBERG in Tübingen, 1914 durch J. STEBBINS in Illinois sowie P. GUTHNIK und R. PRAGER in Berlin-Babelsberg in die astronomische Beobachtungstechnik eingeführt. Seit der Entwicklung der SekundärElektronenVervielfacher (SEV, Photomultiplier), bei denen durch Photonen aus der Photokatode freigesetzte Photoelektronen in einem Elektrodensystem durch Sekundäremission vervielfacht werden, sind mit diesen Empfängern, mit denen photometrische Genauigkeiten von 1 bis 3% bei einem dynamischen Bereich von $1:10^4$ erreicht werden, Standardmeßverfahren für die lichtelektrische Sternphotometrie in Gebrauch, die zum größten Teil auf dem Prinzip der Photonenzählung beruhen. Der SEV wird zum Bildempfänger, wenn zwischen Photokatode und Elektrodensystem eine Elektronenoptik in Verbindung mit einer kleinen Blende eingefügt wird, so daß verschiedene Elemente des Bildes auf der Katode, allerdings zeitlich nacheinander, gemessen werden können. Diese Anordnung ist als Image Dissector Tube (IDT) bekannt. Am Imperial College of London ist das ICL-System auf der Grundlage des Image-Dissectors entwickelt worden, mit dem eine besonders hohe zeitliche Auflösung erreicht werden kann. Bei Mikrokanalplattenempfängern wird der Sekundärelektronenemissionseffekt in S-, C- oder J-förmig gebogenen Kapillaren mit Durchmessern von etwa $10 \mu$m und einer Länge von etwa 0,5 mm mit entsprechend präparierter Oberfläche erreicht. Nach Verlassen der Kapillaren werden die verstärkten Elektronenlawinen von Elementen eines Anodenarrays registriert. Solche Sensoren werden z.B. als MultiAnode Microchannel Array (MAMA) oder Photicon bezeichnet. Das Image Photon Counting System (IPCS) war ausschließlich aus kommerziell verfügbaren Bildverstärkern, TV-Kameras und Minicomputern mit speziellem Video-Interface zusammengestellt. Bildverstärker setzen ein Bild geringer Intensität elektronenoptisch in ein solches größerer Intensität um, im Gegensatz dazu übertragen Bildwandler Bilder aus einem Spektralbereich (etwa dem UV) in einen anderen (etwa den visuellen). Die in der Begrenzung der Zählrate durch das Abtastverhalten der Kamera und in der Größe und dem Gewicht des Systems liegenden Nachteile des IPCS wurden durch den Einsatz eines Imaging Photon Detector (IPD) beseitigt. Dieser bestand aus einem dreistufigen Mikrokanalplattenverstärker und einer positionsempfindlichen Anode. Von den TV-Aufnehmern werden in der Astronomie vor allem das SIT- und das SEC-Vidicon verwendet. Bei beiden Typen erzeugen aus der Photokatode ausgelöste und durch ein Bildverstärkersystem auf ein Target gelangende Photoelektronen dort ein Ladungsbild, das durch einen Elektronenstrahl, dessen Lage sich elektrisch regeln läßt, ausgelesen wird. Das Target wird beim Silicon Intensified Target-(SIT-)Vidicon von einem Si-Diodenarray gebildet, beim Vidicon mit Secondary Electron Conduction (SEC) besteht es aus einem halbleitenden Material, in dem Sekundärelektronenvervielfachung stattfindet, und einer speziellen Signalplatte. In den letzten Jahren sind CCD- und CID-Sensoren zum festen Bestandteil astronomischer Meßtechnik geworden. Die Charge Coupled Devices bestehen als Halbleiterbildaufnehmer aus Ketten von Kondensatoren, in denen während der Belichtung Elektronen-Loch-Paare entstehen. Dabei ist eine zeitliche Integration über die Anzahl der gebildeten Ladungsträger möglich. Danach können die Ladungen durch Steuerimpulse in jeder Kette verschoben und am Rande der Matrix seriell abgefragt werden. Bei den Charge Injection Devices (CID) kann jedes Element der Matrix einzeln ausgelesen werden. Eine ausführliche Beschreibung der in CCD-Sensoren ablaufenden Prozesse ist in Aufgabe 16 gegeben. Das wesentliche Problem bei der astronomischen Photometrie mit CCD-Kameras besteht in der Realisierung der international üblichen Farbsysteme, die mit möglichst geringen Abweichungen eingehalten werden müssen, wenn so ermittelte Helligkeiten mit früher erhaltenen Meßwerten verglichen werden sollen. Die astronomische Photometrie basiert immer auf Relativmessungen, bei denen die ermittelten Helligkeiten mit den Helligkeiten von irdischen Standardlichtquellen oder von Standardsternen verglichen werden. Dabei bietet sie aber generell die Möglichkeit, Informationen sowohl über die beobachteten Sterne als auch über das zwischen Objekt und Beobachter befindliche interstellare Medium zu erhalten.
next up previous contents
Next: Theoretische Grundlagen Up: Lichtelektrische Photometrie an Standardsternen Previous: Lichtelektrische Photometrie an Standardsternen   Contents
Juergen Weiprecht 2002-10-29