next up previous contents
Next: Gerätetechnische Grundlagen Up: Die Einflüsse der Erdatmosphäre Previous: Die Extinktion   Contents

8.2.4.2 Seeing, Szintillation, Refraktion und Nachthimmelsleuchten

Durch die Turbulenz in der Erdatmosphäre werden die ankommenden Wellenfronten deformiert, und es treten zufällige Fluktuationen in Helligkeit und Richtung der Strahlung auf. Die zufälligen Richtungsänderungen der Lichtstrahlen, die sich in einer Bewegung des Sternbildes in der Fokalebene widerspiegeln, werden Seeing genannt. Das Erscheinungsbild des Seeing hängt mit der Größe der Turbulenzelemente zusammen (siehe Aufgabe 7). In einem kleinen Teleskop äußert es sich durch ein Hin- und Hertanzen des Sternbildes mit Amplituden von $0,5''$ bis $5''$ und Frequenzen kleiner als 1 Hz. In einem großen Teleskop beobachtet man ein verschmiertes Seeingscheibchen aus vielen einzelnen Beugungsbildern (Speckles). Die Fläche des Seeingscheibchens wächst proportional zur Luftmasse. Das Seeing wird auf einer Skala von 1 (ausgezeichnet) bis 5 (schlecht) beurteilt. In der Photometeranordnung wird es durch die Fabry-Linse weitgehend kompensiert. Die zufälligen Helligkeitsänderungen des beobachteten Sternbildes, die durch Verbiegung der Wellenfronten in der Größenordnung der Teleskopöffnung entstehen, werden Szintillation genannt. Die Szintillation tritt mit Frequenzen zwischen 10 und 1000 Hz auf. Sie stellt einen zusätzlichen Rauschanteil bei den Beobachtungen dar. Die Abhängigkeit dieses Anteils von der Teleskopöffnung und der Luftmasse ist in Abb. 7 dargestellt.


Das Szintillationsrauschen ist direkt proportional zur Windgeschwindigkeit und umgekehrt proportional zur Quadratwurzel aus der Integrationszeit. Bei großer Horizontnähe wird durch die Wellenlängenabhängigkeit der Refraktion (siehe Aufgabe 2) zusätzlich das Sternscheibchen zu einem senkrecht stehenden Spektrum auseinandergezogen. Bei einer Zenitdistanz größer als $65^{\circ}$ kann die Länge dieses Spektrums mehrere Bogensekunden betragen. Bei zu klein gewählter Blende kann bei horizontnahen Beobachtungen ein Teil des Sternlichts abgeschnitten und so die Messungen in einzelnen Farbbereichen verfälscht werden. Eine untere Nachweisgrenze für schwache Sterne ist die Helligkeit des Himmelshintergrundes. Sie muß von jeder gemessenen Sternhelligkeit abgezogen werden und beträgt in mondlosen Nächten für die Beobachtungsstation in Großschwabhausen etwa $20^{\rm m}$ je Quadratbogensekunde. Die Helligkeit des Nachthimmels resultiert zu 20 bis 40% aus der Gesamtheit der sichtbaren und unsichtbaren Sterne sowie dem Zodiakallicht. Der Rest ist ein Eigenleuchten der Erdatmosphäre aus der Rekombination von Atomen und Molekülen. Sie werden tagsüber durch kurzwellige Sonnenstrahlung ionisiert oder dissoziiert. Der Himmelshintergrund muß bei jeder photometrischen Beobachtung mit gemessen werden.
next up previous contents
Next: Gerätetechnische Grundlagen Up: Die Einflüsse der Erdatmosphäre Previous: Die Extinktion   Contents
Juergen Weiprecht 2002-10-29