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20.2 Koordinatenbestimmung auf Photoplatten

Die Bestimmung der Position des zu untersuchenden Sternes geschieht durch Vergleich mit den Positionen von Sternen mit bekannten Koordinaten (den sogenannten Referenzsternen, siehe auch [4]). Im Kapitel 13 BAHNBESTIMMUNG EINES KLEINEN PLANETEN, Abschnitt 13.1.5, findet sich dazu eine ausführliche Beschreibung. Dort wird unter anderem erläutert, unter welchen Bedingungen man einen linearen Potenzreihenansatz zur Bestimmung der Standardkoordinaten wählt. Zu den genannten Ursachen kommen jedoch weitere hinzu, die insbesondere bei sehr kleinen Positionsänderungen, wie im Fall der Eigenbewegungen, berücksichtigt werden müssen:
  1. Abbildungsfehler,
  2. differentielle Refraktion,
  3. chromatische Abberation und Refraktion sowie
  4. Verzerrung heller Sterne.
Die Punkte 1) und 2) können ohne weiteres durch Erweiterung des Potenzreihenansatzes für die Standardkoordinaten berücksichtigt werden. Im Praktikum wird daher ein quadratischer Ansatz genutzt.
$\displaystyle A x^2 + B y^2 + C x y + D x + E y + F$ $\textstyle =$ $\displaystyle X$  
$\displaystyle G x^2 + H y^2 + I x y + J x + K y + L$ $\textstyle =$ $\displaystyle Y \, .$ (13)

Man benötigt daher mindestens 6 Referenzsterne. Um eine Ausgleichsrechnung zu ermöglichen, müssen aber mehr Sterne vermessen werden. Die letzten beiden Punkte hängen jeweils noch vom Farbindex bzw. der fotografischen Helligkeit der Referenzsterne ab. Es geht dabei um die Wellenlängenabhängigkeit von Abbildungsfehlern (z.B. bei alten Linsenoptiken) und der Refraktion bzw. um die Auswirkungen von Nachführfehlern, die sich bei hellen Sternen stärker bemerkbar machen [1]. Als Ergebnis erhält man die Position des Meßobjektes bezogen auf die Epoche der Referenzsterne (also im allgemeinen auf J2000). Da auf einer Photoplatte für astrometrische Zwecke das Bildfeld maximal einige Grad beträgt, sind differentielle Effekte durch Präzession, Nutation und Abberation klein und werden durch den Potenzreihenansatz für die Standardkoordinaten abgefangen (wenn der Abstand der Referenzsterne zum Meßobjekt nicht zu groß gewählt wird). Es ist aber sicherzustellen, daß die Eigenbewegung der Referenzsterne im Zeitraum zwischen dem Aufnahmezeitpunkt und der Epoche der Katalogdaten vernachlässigbar klein ist. Auch der Einfluß der Parallaxe ist abzuschätzen. Falls es notwendig ist, müssen die Koordinaten der Referenzsterne vor der Rechnung entsprechend korrigiert werden.
Der Einfluß der jährlichen Parallaxe wird dabei durch
$\displaystyle \Delta\alpha$ $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{r \cdot \pi}{\cos \delta}(\cos\epsilon \cdot
\cos\alpha \cdot \sin\lambda - \sin\alpha \cdot \cos\lambda$  
$\displaystyle \Delta\delta$ $\textstyle =$ $\displaystyle r\pi(\sin\epsilon \cdot \cos\delta \cdot \sin\lambda -
\sin\delta...
...\cos\lambda - \cos\epsilon \cdot \sin\delta
\cdot \sin\alpha \cdot \sin\lambda)$ (14)

gegeben, wobei

\begin{eqnarray*}
{\rm r} & \ -- \ & {\rm Entfernung \ Erde-Sonne \ in \ AU,} \...
...iptik \ und} \\
\lambda & \ - \ & {\rm L''ange \ der \ Sonne}
\end{eqnarray*}



sind, die einem astronomischen Jahrbuch entnommen werden können. Da die im Praktikum zu untersuchenden Sterne eine hohe Eigenbewegung besitzen, sind sie oftmals auch enge Nachbarn der Sonne (wie BARNARDs Stern). Daher muß eventuell nach der Rechnung auch hier noch eine entsprechende Korrektur der Koordinaten wegen der Parallaxe erfolgen .
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Juergen Weiprecht 2002-10-29