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4.1 Grundlagen

Als Maß für die Energie, die von der Sonne auf eine Flächeneinheit in der mittleren Entfernung Sonne-Erde senkrecht zu dieser Verbindungslinie pro Zeiteinheit trifft, hat S. POUILLET 1837 die Größe der Solarkonstanten eingeführt. Bezeichnet man mit $S_{0}(\lambda)d\lambda$ die Energiemenge, die im Wellenlängenintervall $d\lambda$ je Zeiteinheit auf eine Einheitsfläche $F_{0}$ in der Entfernung $r_{0} = 1 $ AE von der Sonne außerhalb der Erdatmosphäre bei senkrechtem Strahlungseinfall auftritt, so ergibt sich die Solarkonstante $S_\odot$ zu
\begin{displaymath}
S_{\odot} = \int\limits_{0}^{\infty} S_{0}(\lambda) \ d\lambda
= 1,37 \ {\rm kW m}^{-2}
\end{displaymath} (1)

Bei der Bestimmung der Solarkonstanten von der Erdoberfläche aus ist zu berücksichtigen, daß die Messungen bei einem Sonnenabstand $r$ (in AE; der Wert ist einem Jahrbuch zu entnehmen) mit einem Strahlungsempfänger der Auffangfläche $F$ in m$^{2}$, gemessen senkrecht zum Strahlungseinfall, gemacht werden und daß sowohl die Durchlässigkeit $A(\lambda;z)$ der Erdatmosphäre als auch die Durchlässigkeit $D(\lambda)$ der Optik und die Empfindlichkeit des Empfängers wellenlängenabhängig sind. Der tatsächlich am Erdboden gemessene Strahlungsstrom ergibt sich daher zu
\begin{displaymath}
\tilde S (z) = \left( \frac{r_0}{r} \right) ^2 \ \left( \fr...
...(\lambda;z) \cdot
D(\lambda) \cdot E(\lambda) \ d\lambda .
\end{displaymath} (2)

Die Wellenlängenabhängigkeit von $A$, $D$ und $E$ muß mit Hilfe von Laboratoriumsuntersuchungen bzw. durch Untersuchungen der spektralen Extinktionseigenschaften der Erdatmosphäre bestimmt werden. Für die Durchlässigkeit der Erdatmosphäre gilt
\begin{displaymath}
A(\lambda;z) = \exp \left( -\tau(\lambda;z) \right) = \exp \left( -k(\lambda) \
\frac{H_0}{\cos z} \right) ;
\end{displaymath} (3)


 $\tau(\lambda;z)$ : optische Dicke der vom Lichtstrahl durchsetzten    Luftmasse (siehe Aufgabe 17 Gl. (6)), 

$k(\lambda)$ : Extinktionskoeffizient in m$^{-1}$,
$H_0$ : Äquivalenthöhe der Erdatmosphäre (siehe Aufgabe 8 Gl. (14)).
Der Einfluß der Erdatmosphäre ist aus Abbildung 1 zu ersehen, in der das Produkt $S_0(\lambda)\cdot A(\lambda;0)$, bezogen auf Meereshöhe, über $\lambda$ aufgetragen ist. Für das durch die Beobachtungsbedingungen vorgegebene Wellenlängenintervall von $\lambda_{\rm UV}$ bis $\lambda_{\rm IR}$ kann man für die Funktionen $A(\lambda;z)$, $D(\lambda)$ und $E(\lambda)$ Mittelwerte ansetzen:
\begin{displaymath}
\overline{A(\lambda;z)} = \overline{A}(z), \quad \overline{...
...
= \overline{D}, \quad \overline{E(\lambda)} = \overline{E}
\end{displaymath} (4)

und dann für diesen Spektralbereich schreiben
\begin{displaymath}
S'(z) = \left( \frac{r_0}{r} \right) ^2 \ \left( \frac{F}{F...
...mbda_{\rm UV}}^{\lambda_{\rm IR}} S_0(\lambda) \ d\lambda .
\end{displaymath} (5)

Im Wellenlängenbereich $0 < \lambda \leq \lambda_{\rm UV} \approx 330$ nm ist die Erdatmosphäre praktisch undurchlässig, also $\tau(\lambda;z) \gg 1$, so daß sich für diesen Bereich mit $A(\lambda;z) = 0$ auch $S'(z) = 0$ ergibt. Durch extraterrestrische Beobachtungen läßt sich der Beitrag der Ultraviolettstrahlung zur Solarkonstanten abschätzen; er ergibt sich zu
\begin{displaymath}
S_{\rm UV} = \int\limits_{0}^{\lambda_{\rm UV}} \
S_0 (\lambda) \ d\lambda \approx 0,039 \cdot S.
\end{displaymath} (6)

Im Infrarotbereich wird die empfangene Sonnenstrahlung sowohl von den zeitlich und örtlich variablen Absorptionsbedingungen der Erdatmosphäre als auch von der spektralen Empfindlichkeit der verwendeten Strahlungsempfänger bestimmt. Näherungsweise kann man für den vom Erdboden aus nicht erfaßten Infrarotanteil der Sonnenstrahlung setzen:
\begin{displaymath}
S_{\rm IR} = \int\limits_{\lambda_{\rm IR}}^{\infty} S_0 (\lambda) \ d\lambda
\approx 0,048 \cdot S.
\end{displaymath} (7)

Die Beiträge des Röntgen- und des Radiofrequenzbereichs sind gegenüber dem Beitrag im sichtbaren Spektralbereich völlig zu vernachlässigen. Insgesamt ergibt sich für die gesuchte Größe $S$
\begin{displaymath}
S = \int\limits_{0}^{\lambda_{\rm UV}} S_0 (\lambda) \ d\la...
...mits_{\lambda_{\rm IR}}^{\infty} S_0 (\lambda) \ d\lambda ,
\end{displaymath} (8)


\begin{displaymath}
S \approx 0,039 \cdot S \ + \ \left( \frac{r}{r_0} \right) ...
...{A}(z) \
\overline{D} \ \overline{E}} \ + \ 0,048 \cdot S.
\end{displaymath} (9)


Mit Hilfe der Beobachtungsgröße $S'(z)$ und den als bekannt angenommenen Größen $\overline{A}(z)$, $\overline{D}$ und $\overline{E}$ läßt sich die Solarkonstante $S$ näherungsweise zu
\begin{displaymath}
S \approx 1,095 \ \left( \frac{r}{r_0} \right) ^2 \
\left(...
...frac{S'(z)}{\overline{A}(z) \
\overline{D} \ \overline{E}}
\end{displaymath} (10)

bestimmen. Da der Extinktionskoeffizient $k(\lambda)$ und damit auch der Mittelwert $\overline{k}$ für den Wellenlängenbereich von $\lambda_{\rm UV}$ bis $\lambda_{\rm IR}$ witterungsabhängig ist, bestimmt man das Produkt $\overline{k} \cdot H_0$ für jeden Beobachtungstag aus einer Reihe bei unterschiedlichen Zenitdistanzen gemessener Werte von $S'(z)$. Es gilt bei sonst ungeänderten Beobachtungsbedingungen
\begin{displaymath}
S'(z_{\rm i}) = {\rm const} \cdot \overline{A}(z_{\rm i}) =...
...\left( -\overline{k} \ \frac{H_0}{\cos z_{\rm i}} \right) ,
\end{displaymath} (11)

also
\begin{displaymath}
\ln S'(z_{\rm i}) - \ln S'(z_{\rm j}) = - \overline{k} \ H_...
...rac{1}{\cos z_{\rm i}} - \frac{1}{\cos z_{\rm j}} \right) ,
\end{displaymath} (12)

und damit
\begin{displaymath}
\overline{A}(z) = - \exp \ \left( \frac{\frac{\displaystyle...
...}}} \ \ln \
\frac{S'(z_{\rm i})} {S'(z_{\rm j})} \right) .
\end{displaymath} (13)

Bei der Realisierung der Bestimmung von $S'(z)$ kann man im einfachsten Fall die Energieaufnahme eines vollständig geschwärzten Metallkörpers (damit hoher Absorptionskoeffizient über den gesamten Spektralbereich) während einer bestimmten Zeit messen. Um den Meßfehler zu verkleinern, führt man günstigerweise Vergleichsmessungen durch, indem man die elektrische Energie bestimmt, die notwendig ist, um den Metallkörper in gleicher Weise (gleicher Temperaturanstieg in gleicher Zeit) zu erwärmen. Diese Messungen sind naturgemäß nicht sehr genau, geben aber die Größenordnung der Solarkonstanten.
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Juergen Weiprecht 2002-10-29