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GAUSS ging von der rein geometrischen Beziehung,
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aus. Die Vektoren sind in Abbildung 2 dargestellt und erklärt.
Wie schon weiter oben gezeigt wurde, ist die Angabe von Orts- und
Geschwindigkeitsvektor
eines
Himmelskörpers zu einem
Zeitpunkt gleichwertig mit der Angabe der klassischen Bahnelemente beim
ungestörten Zweikörperproblem. Da
und
,
wenn man die Möglichkeit des freien Falls in die Sonne ausschließt,
linear unabhängig sind und in der Bahnebene liegen, läßt sich auch
jeder andere Vektor in der Bahnebene
und
als Linearkombination von
aufschreiben.
Liegen n Beobachtungen des topozentrischen
Einheitsvektors
zu den Zeiten
vor,
und bezeichnen wir die Koeffizienten der Ortsvektoren mit
und die der Geschwindigkeitsvektoren mit , so gilt:
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Die Werte für
und
kann man sich durch eine
TAYLORreihenentwicklung nach
verschaffen. Man erhält:
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(13) |
Ersetzt man
und
mit Hilfe der Bewegungsgleichung (1) und deren Ableitung und bricht die
Reihenentwicklung nach dem 3. Glied ab, erhält man:
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(14) |
Ein Koeffizientenvergleich zwischen Gl.(12) und Gl.(14) ergibt:
Setzt man Gl.(12) in Gl.(11) ein, so ergibt sich:
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(17) |
Im Fall von Beobachtungen handelt es sich dabei um ein lineares
Gleichungssystem mit Gleichungen und Unbekannten.
Im Fall von drei Beobachtungen ist dieses System eindeutig und
sofort lösbar. Im Fall Beobachtungen haben wir mehr Gleichungen als
Unbekannte. In diesem Fall ist die Lösung durch Ausgleichsrechnung zu
erhalten. Dazu ist das Gleichungssystem in das entsprechende System von
Normalgleichungen zu überführen. Die dazu erforderlichen Rechenschritte
lassen sich am einfachsten erläutern, aber auch für das Abarbeiten im
Computer am übersichtlichsten darstellen, wenn man zur Matritzenschreibweise
übergeht.
Gl. (17) hat dann die Form:
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(18) |
Der Anschaulichkeit halber schreiben wir dieses Gleichungssystem noch
einmal vollständig auf:
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(19) |
Das zu lösende System der Normalgleichungen erhalten wir aus Gl. (18)
durch Multiplikation von links mit der transponierten Matrix
(der an der Hauptdiagonalen gespiegelten Matrix ):
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(20) |
Die linke Seite stellt jetzt die Koeffizientenmatrix des zu lösenden
Systems der Normalgleichungen dar.
Mit dem Ansatz
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d.h. der Annahme einer in erster Näherung geradlinigen und gleichförmigen
Bewegung, ist dann das Gleichungssystem (19) iterativ zu lösen. Wenn wir
jetzt noch für die Epoche das Mittel aus den Beobachtungszeiten
einführen,
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(22) |
haben wir alle für die Berechnung der unbekannten Bahn notwendigen
Größen gegeben. Nach der ersten näherungsweisen Berechnung des
Gleichungssystems lassen sich aus dem jetzt bekannten Wert von
mittels der Reihenentwicklung (Gln. (15), (16)) neue verbesserte Werte
von
und
unter
Einbeziehung von Gliedern höherer Ordnung gewinnen.
Mit den neuen
und
geht man dann wieder in das
Gleichungssystem ein und erhält verbesserte Werte für die
Integrationskonstanten der unbekannten Bahn in der Form der Komponenten
von
und
. Diesen Iterationsprozeß
setzt man so lange fort, bis sich die
und
im Rahmen
der durch die Beobachtungen
vorgegebenen
Genauigkeit nicht mehr ändern.
Das hier beschriebene Verfahren wird immer dann gute Ergebnisse liefern,
wenn die Zeitdifferenzen
klein gegen die Umlaufzeit
des
Himmelskörpers sind, da dann die Reihenentwicklung (Gl.(13)) schnell
konvergiert. Liegen größere Zeitabstände zwischen den Beobachtungen
vor, so ist es im Sinne einer raschen Konvergenz besser, die geschlossenen
Ausdrücke für die
und
zu verwenden. Diese
lassen
sich mit Hilfe der Konstanz des Drehimpulses unter Ausnutzung
des Flächensatzes,
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ableiten und ergeben sich zu
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(24) |
und
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(25) |
Unter Anwendung des Flächensatzes lassen sich aus den bekannten
Zeitdifferenzen
auch die Differenzen der wahren Anomalien
berechnen, die man in diesem Fall zur Berechnung der
und
benötigt. Einsetzen für in den Flächensatz gibt:
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(26) |
Durch Anwendung eines numerischen Integrationsverfahrens lassen sich aus
Gl. (26) und der bekannten Anomalie
zur Epoche
die wahren Anomalien
zu den Zeiten berechnen.
Als häufig benutztes Verfahren bietet sich das Runge-Kutta-Verfahren
an. Wählt man als Schrittweite
, so erhält man:
und schließlich
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(27) |
Im allgemeinen wird man ein großes Zeitintervall
noch einmal
in kleinere Intervalle zerlegen
,
um ein möglichst genaues Resultat für
zu erhalten.
Die wahre Anomalie
zum Zeitpunkt ergibt sich
als Winkel
zwischen dem Ortsvektor
und dem LAPLACEvektor :
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(28) |
Eine ausführliche Darstellung der Bahnbestimmung nach der hier
vorgestellten Methode findet sich in [1] und [2].
Für die praktische Rechnung wird der für die Bewegung der Planeten
maßgebliche Parameter, das Produkt
, im astronomischen Einheitensystem ausgedrückt [3]. Dabei ist die
Masseneinheit die Sonnenmasse , die Zeiteinheit der Tag und die
Entfernungseinheit
der Radius einer Kreisbahn, in der ein masseloser Körper die Sonne
(die Masseneinheit) in Tagen umrunden würde. Die große Halbachse
der Erdbahn ist mit dieser Definition
. ist die
GAUSSsche Gravitationskonstante und hat den Zahlenwert
.
Im astronomischen Einheitensystem gilt also:
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Juergen Weiprecht
2002-10-29