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8.2.3 Farbgleichungen

Durch Kombination von Gleichung (4) mit (5) erhält man die endgültige Form der Farbgleichungen, wie sie für eine Reduktion der Beobachtungen auf das jeweilige Standardsystem anwendbar sind. Kennzeichnen wir jetzt Helligkeiten oder Farbenindizes im Standardsystem mit dem Index s und die entsprechenden Größen im System des Beobachters mit dem Index b, so erhält man sinngemäß für Gleichung (4):
\begin{displaymath}
m(\lambda_1)_{\rm s} =C_1 + C_2 \cdot m(\lambda_1)_{\rm b}
+ C_3 \cdot [m(\lambda_1) - m(\lambda_2)]_{\rm s} \, .
\end{displaymath} (7)

Beobachtet man nun möglichst viele Standardsterne im System des Beobachters, lassen sich durch lineare Ausgleichung die Koeffizienten in Gleichung (7) bestimmen. Aus numerischen Simulationen weiß man, daß eine lineare Transformation nur möglich ist, wenn die Differenz der effektiven Wellenlängen kleiner als 5 nm ist. Große Schwierigkeiten ergeben sich auch bei der Transformation von Systemen mit sehr steilen Flanken der Filtertransmissionskurven. Das kann der Fall sein, wenn man die Farbbereiche nicht durch Filter definiert, sondern durch Spalte aus einem Spektrum ausblendet. Man hat dann Rechteckfunktionen für die Filter. Schon durch eine geringe Verschiebung in $\lambda$ gehen jetzt andere spektrale Merkmale (Absorptionslinien, Absorptionskanten) mit vollem Gewicht in die gemessenen Helligkeiten ein [5]. In einem realen photometrischen System bildet man Farbgleichungen nicht nur für Helligkeiten, sondern auch für Farbenindizes. Das ist darin begründet, daß Farbenindizes als Relativmessung durch den räumlich und zeitlich wechselnden Einfluß der Erdatmosphäre - sie wirkt als zusätzliche Rauschquelle - weniger beeinflußt werden als Helligkeiten. Normalerweise schreibt man die Farbgleichungen für ein photometrisches System mit $n$ Kanälen für eine Helligkeit (normalerweise im visuellen Bereich möglichst nahe dem $V$-Bereich) und die $n-1$ unabhängigen Farbenindizes auf. Für das schon erwähnte $UBV$-System nehmen die Farbgleichungen die folgende Gestalt an:
$\displaystyle V_{\rm s}$ $\textstyle =$ $\displaystyle C_{11} + C_{12} \cdot V_{\rm b} \hspace{10mm} + C_{13} \cdot (B-V)_{\rm s}
\hspace{10mm} (a)$  
$\displaystyle (B-V)_{\rm s}$ $\textstyle =$ $\displaystyle C_{21} + C_{22} \cdot (B-V)_{\rm b} \hspace{36mm} (b)$  
$\displaystyle (U-B)_{\rm s}$ $\textstyle =$ $\displaystyle C_{31} + C_{32} \cdot (U-B)_{\rm b} + C_{33} \cdot (B-V)_{\rm s} \hspace{10mm} (c)$ (8)

Zuerst ist Gleichung (8b) zu lösen. Damit verschafft man sich den Farbenindex $(B-V)_{\rm s}$, den man dann in (8a) und (8c) einsetzen kann. Die Koeffizientenmatrix ${\bf C_{ik}}$ hat, wie sofort ersichtlich ist, stets die Form $(n,3)$, und der Koeffizient $C_{23}$ ist immer gleich null. Wir demonstrieren diese Tatsache noch einmal am Beispiel der Farbgleichungen für das $uvby$-System.
$\displaystyle V_{\rm s}$ $\textstyle =$ $\displaystyle C_{11} + C_{12} \cdot y_{\rm b} \hspace{10mm} + C_{13} \cdot (b-y)_{\rm s}
\hspace{10mm} (a)$  
$\displaystyle (b-y)_{\rm s}$ $\textstyle =$ $\displaystyle C_{21} + C_{22} \cdot (b-y)_{\rm b} \hspace{36mm} (b)$  
$\displaystyle (m1)_{\rm s}$ $\textstyle =$ $\displaystyle C_{31} + C_{32} \cdot (m1)_{\rm b} \hspace{5mm} + C_{33} \cdot (b-y)_{\rm s}
\hspace{10mm} (c)$  
$\displaystyle (c1)_{\rm s}$ $\textstyle =$ $\displaystyle C_{41} + C_{42} \cdot (c1)_{\rm b} \hspace{6mm} + C_{43} \cdot (b-y)_{\rm s}
\hspace{10mm} (d)$ (9)

Eine Besonderheit des $uvby$-Systems ist die Bildung von Differenzen von Farbenindizes. Das hat seine Ursache in der Ableitbarkeit von astrophysikalischen Parametern aus diesen Werten. Der $m1$-Index ist in einfacher Weise mit dem Metallgehalt, der $c1$-Index mit der Leuchtkraft korreliert. Die beiden Indizes berechnen sich in folgender Weise aus den Helligkeiten:
\begin{displaymath}
m1 = (v-b) - (b-y) \ {\rm und} \ c1 = (u-v) - (v-b) \, .
\end{displaymath} (10)

Da $y$- und $V$-Filter die gleiche effektive Wellenlänge haben, wird die $y$-Helligkeit direkt in die $V$-Helligkeit des $UBV$-Systems transformiert. Weichen die beiden Farbsysteme (Standardsystem und Beobachtersystem) nur wenig voneinander ab, so sollten die Elemente $C_{\rm i1}$ und $C_{\rm i3}$ näherungsweise gleich null und die Skalenfaktoren $C_{\rm i2}$ ungefähr gleich eins sein. Im Praktikum können Sie für die Berechnung der Farbgleichungen das Programm
4COLFGL.EXE verwenden. Es benutzt die vom Reduktionsprogramm ausgegebenen Files der für die Extinktion korrigierten Standards. Einzelheiten finden Sie im Abschnitt "`die Beobachtungen und ihre Reduktion"'.
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Juergen Weiprecht 2002-10-29