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8.2.2 Photometrische Systeme

Um auf photometrischem Wege zu Aussagen über die spektrale Energieverteilung in Sternen zu gelangen, kann man mehrere Messungen mit über den optischen Wellenlängenbereich verteilten Filtern durchführen. Solche geeignet ausgewählten Filterkombinationen bilden ein photometrisches System oder Farbsystem [3]. Das am meisten benutzte Farbsystem ist das UBV-System. In der Praxis hat es sich eingebürgert, zur weiteren Vereinfachung der Schreibweise die Helligkeiten $m_{\rm U}\, , \, m_{\rm B}\ldots$ usw. direkt mit der Filterbezeichnung abzukürzen. Dabei stehen die Buchstaben UBV für die durch die entsprechenden Filter definierten Wellenlängenbereiche.
Tabelle 1: Parameter photometrischer Systeme. Gegeben sind effektive Wellenlänge $\lambda_\circ$[nm], Halbwertsbreite $\Delta \lambda$[nm] sowie atmosphärische Extinktionskoeffizienten für Rayleigh-Streuung $k_{\rm R}$[mag] und Ozonabsorption $k_{\rm O_3}$[mag] für eine Standardatmosphäre und bei einem Luftdruck von 101,325 kPa.


System

Filter Farbbereich $\lambda_\circ$[nm] $\Delta \lambda$[nm] $k_{\rm R}$[mag] $k_{\rm O_3}$[mag]



$UBV$

$U$ (U)ltraviolet 365 70 0.533 -
$B$ (B)lue 440 100 0.234 0.001
$V$ (V)isuell 550 90 0.098 0.030
$R$ (R)ed 720 220 0.032 -
$I$ (I)nfrared 900 240 0.013 -



$uvby$

$u$ (u)ltraviolet 350 34 0.665 0.016
$v$ (v)violet 410 20 0.335 -
$b$ (b)lue 470 16 0.185 0.005
$y$ (y)ellow 550 24 0.098 0.029



Die Eigenschaften eines photometrischen Systems werden aber erst durch die Kombination aus Filter und Empfänger definiert. Das UBV-System wurde beispielsweise 1953 von H.L. JOHNSON und W. MORGAN für lichtelektrische Empfänger definiert. Speziell wurde ein SEV vom Typ 1P21 verwendet. Das UBV-System wird aber auch in Kombination mit Photoplatten verwendet. Entsprechend der spektralen 1cm
\begin{picture}(15,22)
\put(1,0){\framebox (12,21.5)}
\end{picture}


Abb. 1: Im oberen Teil ist die Energieverteilung eines A0-Sterns zusammen mit der Wellenlängenabhängigkeit der interstellaren Extinktion dargestellt. Die Einheit ist Größenklassen mit willkürlich gewähltem Nullpunkt. Im mittleren Teil sind die auf eins normierten Filtertransmissionskurven für das UBVRI- und das uvby-System gegeben. Im unteren Teil ist in einem logarithmischen Maßstab die Quanteneffektivität verschiedener Detektoren als Maß für die Empfindlichkeit der Empfänger aufgetragen.
Empfindlichkeit der Photoplatte muß man bei dieser Anwendung etwas geänderte Filter verwenden, so daß das Produkt $F(\lambda) \cdot E(\lambda)$ denselben Wellenlängenverlauf zeigt wie das Originalfilter zusammen mit dem SEV. Das UBV-System wurde später im optischen Wellenlängenbereich durch zwei weitere Filter R und I ergänzt. Fast ebenso häufig wird heute das uvby-System verwendet. Es wurde 1963 von B. STRÖMGREN ebenfalls für lichtelektrische Empfänger definiert. Die Parameter beider Systeme sind in Tab. 1 zusammengestellt. In Abb. 2 sind die Filterkurven beider Systeme zusammen mit den Empfindlichkeitskurven verschiedener Detektoren für den optischen Bereich dargestellt. Der Vorteil des uvby-Systems liegt in den schmaleren Bandbreiten der Filter und einer optimalen Anordnung bezüglich der spektralen Energieverteilung in den Sternen. Sie erlaubt eine wesentlich präzisere Ableitung von astrophysikalischen Parametern der Sterne und des interstellaren Mediums als das UBV-System. Bei der Festlegung des Nullpunkts der Helligkeitsskala eines photometrischen Systems geht man von der spektralen Energieverteilung eines nicht durch die interstellare Extinktion beeinflußten A0V-Sterns aus. Per Definition wird festgelegt, daß für einen solchen Stern alle Helligkeiten $m_i$ des Systems den gleichen Wert haben. Man erreicht das, indem man der additiven Konstanten $C$ in Gleichung (2) für jede Helligkeit einen geeigneten Zahlenwert gibt. Bildet man jetzt Differenzen von Helligkeiten innerhalb eines Farbsystems, z.B. $B-V$ und $U-B$, so hat jeder Stern entsprechend seinem Spektraltyp und dem Betrag der interstellaren Extinktion eine feste Position in einem Diagramm, auf dessen Achsen $B-V$ und $U-B$ aufgetragen sind. Sterne mit gleichen astrophysikalischen Parametern nehmen unabhängig von ihrer scheinbaren Helligkeit den gleichen Platz in diesem Diagramm ein. Die Helligkeitsdifferenzen werden in der Photometrie Farbenindizes genannt. Das beschriebene Diagramm ist ein Zwei-Farben-Diagramm (ZFD). Es wird im Zusammenhang mit Aufgabe 17 näher erläutert. Unter der schon weiter oben gemachten Annahme, daß die Sterne in erster Näherung als schwarze Strahler zu betrachten sind und wir es mit monochromatischen Helligkeiten zu tun haben, kann man zeigen, daß die Farbenindizes für ein beliebiges photometrisches System in folgender Weise mit der effektiven Temperatur verknüpft sind [4]:

\begin{displaymath}
m(\lambda_1) - m(\lambda_2) = 2,5 (\log e) \frac{hc}{kT}(\f...
...
- \frac{1}{\lambda_2}) + C(\lambda_1)
- C(\lambda_2) \, .
\end{displaymath} (5)

Dabei bedeuten $h$ das PLANCKsche Wirkungsquantum, $k$ die BOLTZMANNkonstante und die $C(\lambda)$ die Nullpunktskonstanten der Helligkeitsskalen $m(\lambda)$. $T$ ist die Temperatur des schwarzen Strahlers. Speziell für das UBV-System gilt z.B.
\begin{displaymath}
B - V = 7090 \cdot \frac{1}{T_{\rm eff}} -0.71 \, .
\end{displaymath} (6)

Die effektive Temperatur $T_{\rm eff}$ bedeutet hier diejenige Temperatur, die ein schwarzer Körper haben müßte, der je Zeiteinheit und Flächeneinheit die gleiche Energiemenge ausstrahlt wie der Stern. Der funktionale Zusammenhang zwischen Farbenindizes in einem bestimmten Farbsystem und der Temperatur wird sowohl von der Bandbreite als auch von der Lage der Filter bezüglich der Energieverteilung im Sternspektrum abhängen und von dem idealen Verhalten eines schwarzen Strahlers abweichen. In Abb. 3 ist die Lage von schwarzen Strahlern vorgegebener effektiver Temperatur und realen Sternen in einem Zwei-Farben-Diagramm dargestellt. Wie zu erwarten, weichen die Positionen von Sternen und schwarzen Strahlern der gleichen effektiven Temperatur beträchtlich voneinander ab. Für einen Stern des Spektraltyps A0V sind alle Farbenindizes gleich Null. Negative Farbenindizes bedeuten höhere, positive Farbenindizes niedrigere Oberflächentemperaturen. Generell gilt, je mehr Farbbereiche ein photometrisches System hat, um so mehr Farbenindizes lassen sich bilden und um so besser läßt sich ein Sternspektrum charakterisieren und klassifizieren. Die Farbenindizes kann man als Variable betrachten, die von den Zustandsgrößen des Sterns und der interstellaren Extinktion in bestimmter Weise abhängen. Sind die Variablen durch geeignete Wahl der Filterbereiche voneinander unabhängig, so lassen sich mit diesem Farbsystem genau so viele Parameter bestimmen, wie sich unabhängige Farbenindizes bilden lassen. Um z.B. die Leuchtkraft, den Spektraltyp und den Betrag der interstellaren Extinktion für einen Stern zu bestimmen, ist die Helligkeit des Sterns in mindestens 4 Filterbereichen zu messen, woraus sich 3 unabhängige Farbenindizes bilden lassen.




Abb. 2: Zwei-Farben-Diagramm im UBV-System. Dargestellt ist die Lage von schwarzen Strahlern vorgegebener Temperatur (gestrichelte Kurve). Reale Hauptreihensterne, die nicht durch interstellare Extinktion verfärbt sind, ordnen sich entsprechend ihrem Spektraltyp entlang der durchgezogenen Linie an.
Ein Farbsystem ist vollständig durch einen Satz sehr genau vermessener sogenannter Standardsterne definiert. Sie sind mit dem Originalsystem beobachtet worden. Bei jeder Beobachtung eines unbekannten Sterns in einem gegebenen photometrischen System sind einige dieser Standardsterne mit zu vermessen. Der Vergleich der Standardhelligkeiten oder Farbenindizes dieser Sterne mit denjenigen Werten, die mit der Filter-Empfänger-Kombination eines anderen Beobachters erhalten wurden, liefert die Farbgleichungen.


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Juergen Weiprecht 2002-10-29