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11.3 Bestimmung der Sonnenrotation aus der scheinbaren Bewegung von Sonnenflecken

Die Sonne rotiert differentiell (siehe [5]), wobei sich Unterschiede in der Rotationsperiode besonders zwischen den mit einem starken Magnetfeld verbundenen Sonnenphänomenen, z.B. Flecken und dem "`unmagnetischen"' Photosphärengas ergeben. Da einzelne Flecken, vor allem in den ersten Entwicklungsstadien einer Fleckengruppe, ihre heliographische Länge verändern können, ergibt sich der genaue Wert der mittleren siderischen Rotation der Sonne erst auf Grund längerer Beobachtungsreihen. Bestimmt man für einen Fleck seinen Abstand $\rho$ (im gleichen Maß wie $X, Y$ und $R$) vom Mittelpunkt $\overline{\rm M}$ der sichtbaren Sonnenscheibe (Abb. 1) und den in $\overline{\rm M}$ gemessenen Winkelabstand $\varphi$ des Flecks von der projizierten Rotationsachse, so ergibt sich für den auf den Sonnenmittelpunkt S bezogenen Winkel $\epsilon$ (Abb. 4)
\begin{displaymath}
\sin \epsilon \ = \ \frac{r}{R_{\odot}} \ = \ \frac{\rho}{R} .
\end{displaymath} (9)


Der am Durchstoßpunkt D der Rotationsachse der Sonne durch die Sonnenoberfläche auftretende Winkel $\psi$ des Flecks vom Zentralmeridian der Sonne läßt sich mit Hilfe des sphärischen Dreiecks DF $\overline{\rm M}$ unter Anwendung des sphärischen Sinussatzes (Abb. 4) errechnen:

\begin{displaymath}
\frac{\sin \psi}{\sin \epsilon} \ = \ \frac{\sin \varphi}{\sin (90^{\circ}-B)} \ ,
\end{displaymath}

also

\begin{displaymath}
\sin \psi \ = \ \frac{\sin \epsilon \cdot \sin \varphi}{\cos B} \ .
\end{displaymath} (10)

Die noch unbekannte heliographische Breite $B$ des Flecks ergibt sich mit Hilfe des Seitenkosinussatzes zu
\begin{displaymath}
\sin B \ = \ \cos \epsilon \sin B_{\circ} + \sin \epsilon \cos B_{\circ} \cos \varphi .
\end{displaymath} (11)

Bestimmt man $\psi$ zu zwei verschiedenen Zeitpunkten $t_1$ und $t_2$, $\psi (t_1) \ = \ \psi_1$, $\psi (t_2) \ = \ \psi_2 $ , $t_2 - t_1
\stackrel{>}{\sim} 1$ Tag, dann ergibt sich für die scheinbare Bewegung des Sonnenflecks in bezug auf den Zentralmeridian
\begin{displaymath}
\Delta \psi \ = \ \psi_2 - \psi_1 .
\end{displaymath} (12)

Bezeichnet $E_1$ in Abb. 5 den Ort der Erde in ihrer Bahn um die Sonne zum Zeitpunkt $t_1$ und $F_1$ einen Punkt mit dem Winkelabstand $\psi_1$ vom Zentralmeridian zum Zeitpunkt $t_1$, so bewegt sich im Intervall $\Delta t \ = \ t_2 - t_1$ die Erde um den Winkel $\Delta \nu $ bis $E_2$, der Punkt $F_1$ auf Grund der Sonnenrotation um den Winkel $\Delta \mu $ bis $F_2$, wobei er dann den Winkelabstand $\psi_2$ vom Zentralmeridian hat. Nach Abb. 5 ist

\begin{displaymath}
\Delta \mu - \psi _2 \ = \ \Delta \nu - \psi _1 ,
\end{displaymath}

also
\begin{displaymath}
\Delta \mu \ = \ \Delta \nu + \Delta \psi .
\end{displaymath} (13)

Bezeichnet man weiter mit


$P_{\odot s}$  : die synodische Rotationsperiode der Sonne, 

$P_{\odot *}$ : die siderische Rotationsperiode der Sonne,
$P_{\oplus *}$ : die siderische Umlaufperiode der Erde um die Sonne,
so gilt allgemein
\begin{displaymath}
P_{\odot s} \ = \ \frac{360^{\circ}}{\Delta \psi} \ \Delta ...
...P_{\oplus *} \ = \ \frac{360^{\circ}}{\Delta \nu} \ \Delta t.
\end{displaymath} (14)

Durch Einsetzen der Beziehung (13) erhält man die gesuchte siderische Rotationsperiode der Sonne
\begin{displaymath}
(P_{\odot *})^{-1} \ = \ (P_{\oplus *})^{-1} +
(P_{\odot s})^{-1} \ .
\end{displaymath} (15)



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Juergen Weiprecht 2002-10-29