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1.4.1 Die Scheinersche Methode

Zum Ausführen der SCHEINERschen Methode benötigt man ein Okular mit Fadenkreuz, von dem ein Faden (der Deklinationsfaden) parallel zum Himmelsäquator ausgerichtet wird. Man erreicht das durch das Einstellen eines Sterns auf die Fadenkreuzmitte und anschließendes leichtes Hin- und Herdrehen des Fernrohrs um die Stundenachse (dabei ist die Deklinationsachse geklemmt). Dabei wird das Okular in der Steckhülse so gedreht, daß der Stern auf einem Faden (Deklinationsfaden) entlang läuft. Danach stellt man einen äquatornahen Stern, der kurz vor seinem Meridiandurchgang steht, auf die Fadenkreuzmitte ein und führt das Fernrohr bei geklemmter Deklinationsachse der täglichen Bewegung des Sterns einige Minuten nach. Bei nicht genau ausgerichteter Stundenachse zeigt ihr Südende geringfügig nach Osten (oder Westen). Bei einer östlichen (westlichen) Abweichung liegt der Gipfelpunkt - maximale Höhe - des von der optischen Achse des Fernrohrs über dem Horizont beschriebenen Kreises östlich (westlich) des Meridians, während der Stern seine maximale Höhe genau im Meridian erreicht. Im umkehrenden Fernrohr wird sich daher bei östlicher (westlicher) Abweichung des Südendes der Stundenachse der Stern im Okular nach unten (oben) vom Deklinationsfaden entfernen. Entsprechend der Abweichung wird die Richtung der Stundenachse leicht korrigiert und das Verfahren solange wiederholt, bis der Stern auf dem Deklinationsfaden bleibt. (Es empfiehlt sich, Sterne im Stundenwinkelbereich von etwa 23$^{\rm h}$ 50$^{\rm min}$ bis 0$^{\rm h}$ 10$^{\rm min}$ zu benutzen). Zur Korrektur einer nicht genau gleich der geographischen Breite $\varphi$ eingestellten Polhöhe $\varphi '$ des Fernrohrs benutzt man einen Stern, der etwa $30^{\circ}$ über dem Osthorizont (in der Nähe des 1. Vertikals) steht. Ist die eingestellte Polhöhe zu klein (groß), so beschreibt die optische Achse des Fernrohrs in Bezug auf die Horizontebene steilere (flachere) Kreise als ein der täglichen Bewegung unterworfener Stern. Im umkehrenden Fernrohr wird daher der Stern nach oben (unten) vom Deklinationsfaden abwandern. Entsprechend der Abweichung wird die Polhöhe des Sterns verändert und das Verfahren solange wiederholt, bis der Stern auf dem Faden bleibt. Ein Meßvorgang sollte dabei nicht länger als etwa zwei Minuten dauern, da ein Stern im ersten Vertikal in einer Höhe von etwa $30^{\circ}$ neben seiner Höhenänderung infolge der täglichen Bewegung eine zusätzliche scheinbare positive Höhenänderung von etwa $1 ''$ pro Zeitminute erleidet, die auf die Höhenabhängigkeit der Refraktion zurückgeht; dadurch ist der durchlaufene Weg nicht genau parallel dem Himmelsäquator. Die Genauigkeit der Einstellung der Polhöhe $\varphi '$ ist daher begrenzt, man kann mit diesem Verfahren nur etwa $\pm 2 ''$ erreichen. Zum Einstellen der Polhöhe $\varphi '$ sind entsprechende Sterne über dem Westhorizont in gleicher Weise geeignet, dann müssen aber die oben angegebenen Abweichrichtungen vertauscht werden. Die Ausrichtung der Stundenachse in Azimut und Höhe erfolgt zweckmäßigerweise alternierend, bis bei geklemmter Deklinationsachse während eines längeren Zeitintervalls keine Abweichungen eines Sterns vom (richtig eingestellten) Deklinationsfaden mehr erkennbar ist.
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Juergen Weiprecht 2002-10-29