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3.2.3 Hinweise

Zu 1.: Berechnen Sie in Vorbereitung auf die Aufgabe den Zeitpunkt der wahren Kulmination der Sonne für den Beobachtungsort! Vor der Höhenmessung erfolgt die exakte Justierung des künstlichen Horizonts. Zu Beginn der Sonnenbeobachtung mit dem Sextanten sind zunächst alle Filter in den Strahlengang zu bringen! Dann werden so viele Filter entfernt, bis gut sichtbare, aber blendfreie Sonnenbilder (direktes Bild und Spiegelbild) im Gesichtsfeld erscheinen. Falls keine Funkuhr zur Verfügung steht, sollte die zur Zeitmessung verwendete Uhr zuvor an das Zeitzeichen angeschlossen werden, d.h. auf die Sekunde genau gestellt werden. Nach der Messung ist ein nochmaliger Vergleich des Uhrstandes mit dem Zeitzeichen erforderlich, um den Uhrgang (Differenz der von der Uhr angezeigten Zeit zur Mitteleuropäischen Zeit in einem Zeitintervall) festzustellen. Der Uhrstand ermöglicht es, die Zeitmessungen nachträglich zu korrigieren. Zu den Meßzeitpunkten, die im 6-Minuten-Abstand gewählt werden, so daß die erste Messung 60 Minuten vor der wahren Kulmination vorgenommen wird, ist durch Betätigen der Meßtrommel der Kontakt beider Bilder bei nicht verkantetem Sextanten (also genau in der Bildfeldmitte) herzustellen. Da sich die Berührung des direkten Bildes und des Spiegelbildes der Sonne besser erkennen läßt als eine vollständige Überlappung beider Bilder, wird so verfahren, daß das in der linken Gesichtshälfte sichtbare Spiegelbild der Sonne unmittelbar oberhalb des direkten Bildes der Sonne steht. Die Winkelmessungen sind so durchzuführen, daß der tote Gang der Trommelschraube des Sextanten ausgeschlossen wird. Im Anschluß an die Höhenmessungen der Sonne ist der Nullpunktsfehler des Sextanten zu bestimmen, indem das direkte Bild eines sehr weit entfernten Objekts mit seinem Reflexionsbild zur Deckung gebracht wird (5-10 Messungen). Warum kulminiert die Sonne nicht jeden Tag um 12 Uhr Ortszeit? In welchem astronomischen Koordinatensystem erfolgt die Messung? Welche Funktion erfüllt der künstliche Horizont und welcher Vorteil ergibt sich aus seiner Nutzung?


Zu 2.: Überlegen Sie sich, welche Form die Sonnenbahn in einem Diagramm hat, in dem die Höhe $h$ über der Zeit $t$ aufgetragen wird! Führen Sie die Ausgleichung mit einem geeigneten Computerprogramm durch (graphische Darstellung der Meßwerte und der Ausgleichsfunktion in Auswertung gefordert) und bestimmen Sie das Maximum der erhaltenen Funktion! Zur Bestimmung der geographischen Breite $\varphi$ des Beobachtungsortes sind an die beobachtete Kulminationshöhe $h_{\rm Beob}$ Korrekturen für die tägliche Parallaxe $p$, die Refraktion $R$ und den halbierten Nullpunktsfehler $\Delta h_{\rm Sextant}$ des Sextanten anzubringen. Es gilt:

\begin{displaymath}
\varphi = 90^\circ - h_{\rm Beob} - p + R + \Delta h_{\rm Sextant}
+ \delta_{\rm Kulm}.
\end{displaymath}

Der Wert von $\delta_{\rm Kulm}$ kann mit Hilfe von den in Jahrbüchern gegebenen Werten der Deklination der Sonne für jeweils 0 Uhr UT durch Interpolation ermittelt werden. Durch welche einfache Ausgleichsfunktion läßt sich die Sonnenbahn in der Umgebung der Kulmination annähern?


Zu 3.: Bestimmen Sie mit Hilfe der erhaltenen Ausgleichsfunktion den Zeitpunkt $t_{\rm Kulm}$! Dazu werden in das Diagramm zur Zeitachse parallele Geraden eingezeichnet, die die Kurve in zwei Punkten gleicher Höhe schneiden. In die Mitte der durch die Ausgleichskurve ausgeschnittenen Strecke liegt die Kulminationszeit $t_{\rm Kulm}$, deren Genauigkeit durch die Mittelung über mehrere Werte bei verschiedenen Höhen wächst. Vergleichen Sie die nach dieser Methode erhaltene Kulminationszeit mit dem durch die Ableitung der Ausgleichsfunktion erhaltenen Zeitpunkt der Kulmination. Da die Sonne wegen ihrer täglichen Ortsverschiebung auf der Ekliptik im allgemeinen keinen symmetrischen Tagbogen am Himmel beschreibt, entspricht die nach der Methode der korrespondierenden Höhen (bei Annahme eines symmetrischen Tagbogens) ermittelte Kulminationszeit $t_{\rm Kulm}$ wegen der Deklinationsänderung der Sonne während ihres Tagbogens nicht der Meridiandurchgangszeit. Die Zeit $t_{\rm Beob}$ des Meridiandurchganges der Sonne am Beobachtungsort ergibt sich wie folgt:

\begin{displaymath}
t_{\rm Beob} = t_{\rm Kulm} \ - \
\frac{\mu}{94,5} \cdot (\tan \varphi_{\rm Beob} - \tan
\delta_{\rm Kulm}).
\end{displaymath}

Mit $\delta_{\rm Kulm}$ und $\mu$ sind die Deklination der Sonne bzw. die Deklinationsänderung in $[\frac{''}{\rm d}]$ zum Zeitpunkt der Kulmination bezeichnet. Beide Größen sind einem Sternkalender zu entnehmen bzw. aus den dort angegebenen Daten zu errechnen. Ist $D$ die Meridiandurchgangszeit der Sonne beim Bezugsmeridian $\lambda_{\rm Bezug} = 15^\circ$ östlicher Länge und $t(\lambda_{\rm Beob})$ die Meridiandurchgangszeit am Beobachtungsort, so ergibt sich die geographische Längendifferenz $\Delta \lambda$ aus:

\begin{displaymath}
\Delta\lambda = [t(\lambda_{\rm Beob}) - D] \cdot 15\frac{\circ}{\rm h}
\cdot f
\end{displaymath}

mit $f=\frac{24}{24 + {\rm ZG}({\rm JD}_{\rm Beob}+0,5) \ - \
{\rm ZG}({\rm JD}_{\rm Beob}-0,5)}$. Der Wert von $D$ kann dem Sternkalender entnommen werden. Der Faktor $f$ ist notwendig, da die wahre Sonne beobachtet wird, die Zeitmessung aber auf Grundlage der mittleren Sonne erfolgt. Ein wahrer und ein mittlere Sonnentag unterscheiden sich zum Beobachtungszeitpunkt $t_{\rm Beob}$ näherungsweise um dem Wert der täglichen Änderung der Zeitgleichung ${\rm ZG}({\rm JD}_{\rm Beob}+0,5) \ \ -
\ \ {\rm ZG}({\rm JD}_{\rm Beob}-0,5)$, wobei ZG nach Gleichung (9) (Abschnitt Grundlagen) bestimmt wird. Dazu ist das Julianische Datum des Beobachtungszeitpunktes nötig, welches im Sternkalender zu finden ist. Warum ist die Asymmetrie der Sonnenbahn im März und September am größten?
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Juergen Weiprecht 2002-10-29