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9.1.3 Bestimmung der Bahnbewegung des Mondes

Die theoretische Modellierung der Bewegung des Mondes und der daraus folgenden Mondephemeriden ist wegen der vielfältigen Störungen der Mondbewegung äußerst kompliziert. So umfaßt die immer noch häufig verwendete Näherung von E. W. BROWN [3] (1896) 1500 Terme. Zur beobachtungsmäßigen Bestimmung der augenblicklichen Bahnbewegung des Mondes kann man von einem Beobachtungsort B aus zu den Zeiten $t_1$ und $t_2$ den Winkelabstand $\omega(t_1)$ bzw. $\omega(t_2)$ des Mondes zu einem Bezugsstern oder einem erdgebundenen Bezugspunkt (Mire) messen. Zur Vereinfachung sollen der Bezugsstern oder die Mire annähernd in der Mondbahnebene liegen. Ist die Zeitdifferenz $\Delta t=
t_2 - t_1 \ \ (\Delta t$ in s) nicht zu groß, kann das während $\Delta t$ vom Mond durchlaufene Bahnstück durch einen Kreisbogen angenähert werden. Während $\Delta t$ dreht sich der Beobachtungsort infolge der Erdrotation um den Winkel

\begin{displaymath}
\eta = \Delta t \cdot 15''/{\rm s} \ .
\end{displaymath}

Der lineare Abstand $a$ der beiden Raumpunkte P$_1$ und P$_2$, in denen sich der Beobachtungsort zur Zeit $t_1$ bzw. $t_2$ befindet, ergibt sich nach Abb. 4 bei nicht zu großem $\Delta t$ zu

\begin{displaymath}
a = 2 R_\varphi \ \cos \varphi \ \sin \frac{\eta}{2},
\end{displaymath}

wobei $R_\varphi \ \cos \varphi$ den senkrechten Abstand des Beobachtungsortes zur Erdachse darstellt. Gleichzeitig erscheint die Strecke $a$ vom Mondort M$_2$ aus gesehen unter dem Winkel $\rho$ (siehe Abb. 4) und es gilt für Beobachtungen nahe dem Ortsmeridian bei einer nicht zu großen Zeitdifferenz $\Delta t$:

\begin{displaymath}
a = 2 r' \ \sin \frac{\rho}{2},
\end{displaymath}

wobei $r'$ die topozentrische Mondentfernung ist.
Für kleine Winkel gilt: $\sin \frac{\eta}{2} \approx \frac{\eta}{2}$ und $\sin \frac{\rho}{2} \approx \frac{\rho}{2}$, so daß $\rho$ zunächst wie folgt bestimmt werden kann:

\begin{displaymath}
\rho \approx \frac{R_\varphi \ \cos \varphi \ \Delta t \ 15''/{\rm s} \ }{r'}.
\end{displaymath}

Ersetzt man noch die topozentrische Mondentfernung $r'$ mit Hilfe der Beziehung $r'= r \frac{\sin z}{\sin z'}$ (siehe Abb. 3) und drückt die geozentrische Mondentfernung $r$ mittels Gleichung (2) aus, ergibt sich $\rho$ letztendlich wie folgt:
\begin{displaymath}
\rho \approx \frac{\cos \varphi \ \sin (z'-z) \ 15 \ \Delta t}
{\sin z}; \qquad \qquad \qquad [\rho/'', \Delta t/s].
\end{displaymath} (3)


Abb. 4: Zur Bestimmung der Bahngeschwindigkeit des Mondes.



Der in der Zeit $\Delta t$ überstrichene Winkel $\omega_{\rm B}$ des Kreisbahnabschnittes M$_1$M$_2$ kann bei Nutzung eines Bezugssterns mit der Winkelbeziehung (4) und bei Nutzung einer Mire mittels (5) ermittelt werden (siehe Abb. 4):

$\displaystyle \omega_{\rm B}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \omega_1 - \omega_2 + \rho$ (4)
$\displaystyle \omega_{\rm B}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \omega_1 - \omega_2 + \rho + \eta.$ (5)

Die Winkelbeziehungen (4) und (5) gelten unter der Annahme, daß die darin vorkommenden Winkel in der Mondbahnebene gemessen werden. Für die gesuchte (topozentrische) lineare Bahngeschwindigkeit $v_{\rm B}$ des Mondes gilt:
\begin{displaymath}
v_{\rm B} = \frac{\omega_{\rm B}}{206265 \ \Delta t} r' =
...
...}{\sin(z'-z)}; \qquad \qquad [\omega_{\rm B}/'', \Delta t/s].
\end{displaymath} (6)


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Juergen Weiprecht 2002-10-29