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13.1.2 Physikalische und geometrische Eigenschaften der Bahnen von Himmelskörpern

Der Zusammenhang zwischen den oben vorgestellten geometrischen Bestimmungsstücken der Bahn eines Himmelskörpers und den Integrationskonstanten der Differentialgleichung ergibt sich wie folgt: Die Integrationskonstanten ergeben sich aus den drei Komponenten des Drehimpulsvektors


Abb.: 1: Darstellung der Bahn eines Himmelskörpers bezüglich der Ekliptik mit Angabe der Bahnelemente und Lage von Drehimpuls und LAPLACEvektor


\begin{displaymath}
{\bf C} = {\bf r} \times {\bf\dot{r}}
\end{displaymath} (2)

und des Laplacevektors
\begin{displaymath}
{\bf L} = {\bf\dot{r}} \times {\bf C} - \frac{G \ S \ {\bf r}}{r} \, .
\end{displaymath} (3)

Gleichwertig mit diesen Konstanten wären die Komponenten des Ortsvektors ${\bf r}_{\rm i}$ und des Geschwindigkeitsvektors ${\bf
\dot{r}}_{\rm i}$ zu einem beliebigen Zeitpunkt $t_{\rm i}$. Multipliziert man die Gleichung (3) von links skalar mit ${\bf r}$
\begin{displaymath}
({\bf r} \times {\bf\dot{r}}) \ {\bf C} = \frac{G \ S}{r} \ {\bf rr}
\ + \ {\bf r \ L} \, ,
\end{displaymath} (4)

so ergibt sich unter Ausnutzung der Regeln für das Spatprodukt und der Berechnung von Skalarprodukten mit ${\bf r} \times {\bf\dot{r}} \ = \ {\bf C}, {\bf rr} = r^2$ und ${\bf r \ L} = r \ L \ \cos \varphi$
\begin{displaymath}
C^2 = G \ S \ r \ + \ r \ L \ \cos \varphi \, .
\end{displaymath} (5)

Da der LAPLACEvektor in Richtung zum Perihel (dem sonnennnächsten Punkt der Bahn) zeigt, gibt $\varphi$ den Winkelabstand des Himmelskörpers von diesem Punkt an. In der Astronomie wird dieser Winkel als wahre Anomalie bezeichnet. Umstellen nach $r$ ergibt:
\begin{displaymath}
r = \frac{\frac{C^2}{G \ S}}{\left( 1 + \frac{L}{G \ S} \ \cos \varphi
\right)} \, .
\end{displaymath} (6)

Das ist die Gleichung eines Kegelschnitts in Polarkoordinaten. Diese aus der Physik der Zweikörperbewegung abgeleitete Gleichung muß nun mit den geometrischen Eigenschaften der Kegelschnitte verglichen werden, um den Zusammenhang zwischen den physikalischen Größen Drehimpuls und LAPLACEvektor einerseits und den geometrischen Bestimmungsstücken andererseits zu erhalten. Das geometrische Analogon zu Gleichung (6) lautet:
\begin{displaymath}
r = \frac{a \ (1 - e^2)}{(1 + e \cos \varphi)} \, .
\end{displaymath} (7)

Ein Koeffizientenvergleich ergibt
\begin{displaymath}
\frac{1}{G S} \ C^2 \ = \ a(1 - e^2) \qquad
{\rm und} \qquad \frac{1}{G S} \ L \ = \ e \, .
\end{displaymath} (8)

Das bedeutet, daß durch die Beträge von Drehimpuls und LAPLACEvektor die Bahnform und Größe im Zweikörperproblem, nämlich die große Halbachse $a$ und die numerische Exzentrizität $e$, eindeutig bestimmt sind. Die Komponenten der Vektoren ${\bf C}$ und ${\bf L}$ selbst sind in einem ekliptikalen Koordinatensystem mit der x-Achse in Richtung zum Frühlingspunkt durch die folgenden Beziehungen mit den geometrischen Bahnelementen verknüpft:
\begin{displaymath}
{\bf C} = \left( \begin{array}{c}
C_{\rm x} \\ C_{\rm y} \...
...\\
- &\cos \Omega \sin i \\
& \cos i
\end{array} \right)
\end{displaymath} (9)

bzw.
\begin{displaymath}
{\bf L} = \left( \begin{array}{c}
L_{\rm x} \\ L_{\rm y} \...
... \cos i \\
\sin \omega \sin i & &
\end{array} \right) \, .
\end{displaymath} (10)

Ziel einer Bahnbestimmung ist es nun, aus mindestens drei Winkelmessungen eines Objekts in einem vorgegebenen räumlichen Koordinatensystem und der Kenntnis der jeweiligen heliozentrischen Koordinaten des Beobachters, die sechs Bahnelemente zu ermitteln. Die Berechnung der Position des Himmelskörpers an der Sphäre zu einem beliebigen Zeitpunkt aus den sechs Bahnelementen ist Gegenstand der Ephemeridenrechnung.
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Juergen Weiprecht 2002-10-29