Bei einem Doppelsternsystem mit vorgegebener Neigung der Bahnebene
gegen die Sichtlinie wird es nur dann zu einem Bedeckungslichtwechsel
kommen, wenn der gegenseitige Abstand der Komponenten hinreichend klein
ist (siehe Abb. 1). Entsprechend dem 3. KEPLERschen Gesetz werden
also Bedeckungssysteme mit großen Umlaufzeiten
(2)
selten erscheinen. Die Gleichung beschreibt die relative Bahn der
Sekundärkomponente mit der scheinbaren Helligkeit um die
Hauptkomponente mit der Helligkeit . Dabei bedeuten die
Umlaufzeit in Tagen, und die Massen der
Komponenten in Einheiten der Sonnenmasse, die große Halbachse der
Bahn der Sekundärkomponente bezüglich der Hauptkomponente in Astronomischen
Einheiten und die Gravitationskonstante.
Abb. 1: Abhängigkeit der Bedeckung in einem Doppelsternsystem vorgegebener Bahnneigung vom gegenseitigen Abstand der Komponenten
Die Mehrzahl der Bedeckungssysteme werden also enge Doppelsterne
bilden. Das sind Systeme, bei denen Abstände und Radien in der gleichen
Größenordnung liegen. Dann haben die relativen Größen der Komponenten
auf die beobachtbaren Erscheinungen einen ebenso großen Einfluß,
wie die gegenseitige Entfernung. Die Klassifikation dieser Systeme
basiert auf der Definition der Rocheschen Grenzfläche im
Gravitationspotential zweier Sterne. Das ROCHEsche Modell geht von
der Annahme aus, daß die Dichtezunahme in den Sternen so groß ist,
daß man die beiden Komponenten durch Punktmassen approximieren kann.
Die ROCHEsche Grenzfläche ist dann durch diejenigen zwei
Äquipotentialflächen um die beiden Sterne gegeben, die sich genau
in einem Punkt, dem inneren Lagrangepunkt L des Systems,
berühren. In der Realität wird die Form der Äquipotentialflächen
vom Massenverhältnis der beiden Komponenten sowie dem Verhältnis
der axialen Rotation der Sterne zur Bahngeschwindigkeit abhängen.
Schreibt man das Gravitationspotential in einem mitbewegten
Koordinatensystem auf, dessen x-Achse in der Verbindungslinie
beider Sterne liegt, dessen Ursprung im Schwerpunkt S des Systems
liegt, während die z-Achse senkrecht auf der Bahnebene steht
und betrachtet nur die Ebene z=0, dann liegen die beiden Sterne
bei und , (siehe Abb. 2) und es ergibt sich:
Abb. 2: Das ROCHEsche Modell der Äquipotentialfläche in engen Doppelsternsystemen
(3)
ist dabei das Potential eines Punktes mit den Koordinaten
und den Abständen und von A und B. Weiterhin ist
die Winkelgeschwindigkeit des Systems.
und sind die Halbachsen der Bahnen beider Körper bezüglich
des Schwerpunkts und die Summe ist die große Halbachse
der relativen Bahn von B um A. Die Winkelgeschwindigkeit ergibt sich unter
Annahme einer Kreisbahn aus dem 3. KEPLERschen Gesetz zu:
(4)
Hält man Massen und Abstände konstant und betrachtet die Größe der
Sterne relativ zur ROCHEschen Grenzfläche, derjenigen
Äquipotentialfläche, die die Stabilitätsgrenze darstellt, lassen sich
drei Fälle unterscheiden, die auch alle in der Natur verwirklicht sind
(siehe Abb. 3).
Abb. 3: Haupttypen von Bedeckungsveränderlichen
Füllen beide Sterne ihre Stabilitätsgrenze aus so wird es
zu einem Massenaustausch zwischen beiden Komponenten kommen,
und es liegt ein Kontaktsystem vor. Beide Komponenten sind
durch die Gravitationswechselwirkung stark ellipsoidisch
verformt.
Ist eine Komponente wesentlich kleiner, so daß
seine Oberfläche weit innerhalb der Grenzfläche liegt, wird
nur in Richtung zur kleineren Komponente ein Massenaustausch
stattfinden. Eine ellipsoidische Verformung ist möglich.
Es handelt sich um ein halbgetrenntes System. Im ersten wie im
zweiten Fall kommt zur geometrischen Variabilität noch eine
physische, durch den Massenaustausch bedingte Komponente hinzu.
Liegen die Oberflächen beider Komponenten unterhalb der
ROCHEschen Grenzfläche, liegt ein getrenntes System vor.