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16.3.5 Bildverarbeitungssysteme

Unter Bildverarbeitung versteht man die mathematische Bearbeitung und die Visualisierung von Daten, die als zweidimensionale Felder (z.B. CCD-Daten) vorliegen. Folglich lassen sich sämtliche Schritte der CCD-Datenreduktion wie auch der Polarisationskartenerstellung unter dem Oberbegriff Bildverarbeitung zusammenfassen.
Die Palette der Möglichkeiten der Bildverarbeitung reicht von den einfachen Rechenoperationen bis hin zu komplexen Aufgaben, wie z.B. Sternphotometrie mit GAUSSfit oder schneller FOURIERtransformation. Am Beispiel einer noch nicht einmal sehr großen CCD-Aufnahme mit 500 $\times$ 500 Pixeln läßt sich verdeutlichen, welche große Rechen- und Speicherkapazitäten für die Bildverarbeitung notwendig sind. Jede Operation muß im genannten Beispiel für 250000 Pixel (500 $\times$ 500) durchgeführt werden. Bei Verwendung von 16-Bit-Integerzahlen pro Pixelwert werden für ein CCD-Bild etwa 0,5 MByte Speicherplatz benötigt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Nutzung leistungsfähiger Computer (z.B. Workstations) mit hohen Rechengeschwindigkeiten und dem Zugriff zu größeren Speichermedien (Magnetband). Zur ausreichenden Visualisierung der Bilddaten ist mindestens eine 8-bit-Bildschirmtechnik erforderlich, da diese eine Abstufung der Intensitäten in 256 Farb- bzw. Graustufen ermöglicht. Um Bilddaten, die in verschiedenen Observatorien gewonnen wurden, vergleichen und um die Bildverarbeitung an einem anderen Ort weiterführen zu können, wurde für die Astronomie ein Datenformat für den Austausch von Bilddaten, FITS-Format (Flexible Image Transport System) genannt, entwickelt.
Verschiedene Bildverarbeitungssysteme sind verfügbar. Kommerziell angeboten werden die Systeme IDL und NAG. Eine Vielzahl weiterer Bildverarbeitungssysteme (MIDAS, STARLINK, IRAF, VISTA, PCVISTA) stammt aus akademischen Quellen. Ein sehr gebräuchliches System ist MIDAS - Munich Image Data Analysis System. Es wurde bei der ESO (European Southern Observatory) in München entwickelt. Ein ebenfalls sehr umfassendes Programmpaket ist STARLINK, entwickelt in den Rutherford-Appelton-Laboratorien in Oxford (England). Auch in astronomischen Forschungseinrichtungen der USA wurden Bildverarbeitungsprogramme erstellt. Davon seien IRAF (Image Reducing and Analysis Facility) vom NOAO (National Optical Astronomy Observatories) und VISTA vom Lick-Observatorium genannt.
Ein wesentliches Problem der Bildverarbeitungssysteme (wie von Software überhaupt) ist deren Anpassung an spezielle Computer- und Betriebssysteme. Auf Grundlage des Programmpakets VISTA wurde von R.R. TREFFERS und M.W. RICHMOND (Universität Berkeley) 1989 PCVISTA als ein auf Personalcomputern unter dem Betriebssystem MSDOS laufendes Bildverarbeitungssystem entwickelt. PCVISTA verfügt über einen beschränkten, dafür aber übersichtlichen Befehlsvorrat. Wegen der schnellen Verfügbarkeit auf PCs und der relativ guten Überschaubarkeit eignet sich PCVISTA besonders gut für die Einführung in die Arbeit mit einem Bildverarbeitungssystem (in Berkeley wurde PCVISTA deshalb auch zu einem Studienkurs "`Beobachtende Astronomie"' eingesetzt). Ein Auswerteprogramm läßt sich schreiben, indem die auszuführenden PCVISTA-Befehle nacheinander in einem MSDOS-Batch-File (Stapelverarbeitung einer Folge von zeilenweise aufgeschriebenen Programmen) angeordnet werden (siehe Programm im Anhang). Im Anhang befindet sich eine Auflistung der PCVISTA-Befehle, die zur Erstellung einer Polarisationskarte notwendig sind. Leider reichen PCVISTA-Befehle allein nicht aus, alle Auswerteschritte umzusetzen (z.B. Wurzelziehen, grafische Darstellung von Polarisationsvektoren). Es ist jedoch möglich, den Befehlsvorrat beliebig zu erweitern.
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Juergen Weiprecht 2002-10-29