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18.3.2 Indirekt bestimmte Beobachtungsgrößen, Fehlerfortpflanzung

Vielfach läßt sich eine zu ermittelnde Größe nicht direkt bestimmen. Sie muß vielmehr indirekt aus einer Anzahl $m$ von unabhängig voneinander zu messenden Größen erschlossen werden. Der Einfachheit wegen sei zunächst angenommen, daß $m \ = \ 2$ sei, daß also die zu ermittelnde Größe $z$ von zwei unabhängigen Beobachtungsgrößen $x_1$ und $x_2$ abhängt:
\begin{displaymath}
z \ = \ f(x_1, x_2).
\end{displaymath} (16)

Für $x_1$ mögen $n_1$, für $x_2$ $n_2$ Beobachtungen vorliegen. Damit berechnen sich die Mittelwerte zu
\begin{displaymath}
\bar{x}_1 \ = \ \frac{1}{n_1} \ \sum_{\rm i=1}^{n_1} \ x_{\...
... \ = \ \frac{1}{n_2} \ \sum_{\rm k=1}^{\rm n_2} \ x_{\rm 2k}.
\end{displaymath} (17)

Mit den scheinbaren Fehlern
\begin{displaymath}
v_{\rm 1i} \ = \ x_{\rm 1i} - \bar{x}_1 \qquad v_{\rm 2k} \ = \ x_{\rm 2k}
- \bar{x}_2
\end{displaymath} (18)

erhält man für die Standardabweichungen
\begin{displaymath}
s_{\rm x_1}^2 \ = \ \frac{1}{n_1 - 1} \ \sum_{\rm i=1}^{n_1...
... \ \frac{1}{n_2 - 1} \ \sum_{\rm k=1}^{n_2} \
v_{\rm 2k}^2 .
\end{displaymath} (19)

Setzt man die Werte $x_{\rm 1i}$ und $x_{\rm 2k}$ in (16) ein, so erhält man mit (18)

\begin{displaymath}
z_{\rm ik} \ = \ f(x_{\rm 1i}, x_{\rm 2k}) \ = \ f(\bar{x}_1 + v_{\rm 1i}, \
\bar{x}_2 + v_{\rm 2k}) .
\end{displaymath}

Die Taylor-Reihenentwicklung, die man nach dem linearen Glied abbricht, ergibt
\begin{displaymath}
z_{\rm ik} \ = \ f(\bar{x}_1, \bar{x}_2) + v_{\rm 1i} \ f_{...
...ar{x}_2)
+ v_{\rm 2k} f_{\rm x_2} (\bar{x}_1, \ \bar{x}_2) .
\end{displaymath} (20)

Dabei bedeuten $f_{\rm x_1} (\bar{x}_1, \bar{x}_2)$ und $f_{\rm x_2}(\bar{x}_1,
\bar{x}_2)$ die partiellen Ableitungen von $f(\bar{x}_1, \bar{x}_2)$ genommen für die Werte $x_1 = \bar{x}_1$ und $x_2 = \bar{x}_2$. Zur Ermittlung des arithmetischen Mittels $\bar{z}$ bestimmt man zunächst

\begin{displaymath}
z_{\rm i} = \frac{1}{n_2} \ \sum_{\rm k=1}^{n_2} \ z_{\rm ik}
\end{displaymath}

und danach
\begin{displaymath}
\bar{z} = \frac{1}{n_1} \ \sum_{\rm i=1}^{n_1} z_{\rm i} \;...
...
\ \sum_{\rm i=1}^{n_1} \ \sum_{\rm k=1}^{n_2} \ z_{\rm ik} .
\end{displaymath} (21)

Dies läßt sich mit (20) umschreiben in

\begin{displaymath}
\bar{z} = \frac{1}{n_1 n_2} \ \sum_{\rm i=1}^{n_1} \
\sum_...
..., \bar{x}_2) +
v_{\rm 2k} f (\bar{x}_1, \bar{x}_2) \right] ,
\end{displaymath}

woraus sich

\begin{displaymath}
\bar{z} = f(\bar{x}_1, \bar{x}_2) + \frac{1}{n_1} \ \sum_{\...
...rm k=1}^{n_2} \
v_{\rm 2k} f_{\rm x_2}(\bar{x}_1, \bar{x}_2)
\end{displaymath}

und unter Beachtung von (13)
\begin{displaymath}
\bar{z} \ = \ f(\bar{x}_1, \ \bar{x}_2)
\end{displaymath} (22)

ergibt. Den gesuchten Mittelwert $\bar{z}$ von $z$ erhält man also einfach dadurch, daß man in $f(x_1, x_2)$ die Mittelwerte $\bar{x}_1$ und $\bar{x}_2$ einsetzt. Zur Berechnung der Standardabweichung $s_{\rm z}$ der $z_{\rm ik}$-Werte definiert man analog zu (10) scheinbare Fehler

\begin{displaymath}
v_{\rm ik} = z_{\rm ik} - \bar{z}.
\end{displaymath}

Damit erhält man nach (15)

\begin{displaymath}
s_{\rm z}^{2} = \frac{1}{(n_1 - 1)(n_2 - 1)} \sum_{\rm i=1}^{n_1} \
\sum_{\rm k=1}^{n_2} \
(z_{\rm ik} - \bar{z})^2
\end{displaymath}

und unter Beachtung von (20) und (22)

\begin{displaymath}
s_{\rm z}^{2} = \frac{1}{(n_1 - 1)(n_2 - 1)} \ \sum_{\rm i=...
... v_{\rm 2k} f_{\rm x_2} \
(\bar{x}_1, \bar{x}_2) \right] ^2.
\end{displaymath}

Nach der Ausmultiplikation ergibt sich, wenn man

\begin{displaymath}
f_{\rm x_1} \equiv f_{\rm x_1} (\bar{x}_1, \bar{x}_2) \qqua...
...\equiv f_{\rm x_2} \
(\bar{x}_1, \bar{x}_2) \ \ {\rm setzt},
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
s_{\rm z}^{2} = \frac{1}{(n_1 - 1)(n_2 -1)} \ \sum_{\rm i=1...
...m x_1}
f_{\rm x_2} + v_{\rm 2k}^2 f_{\rm x_2}^2 \
\right] ,
\end{displaymath}

woraus man

\begin{displaymath}
s_{\rm z}^{2} = \frac{1}{(n_1 - 1)(n_2 - 1)} \left[ n_2 \
...
...um_{\rm k=1}^{n_2} \
v_{\rm 2k}^2 \ f_{\rm x_2}^2 \
\right]
\end{displaymath}

erhält. Bei genügend großen $n_1$ und $n_2$ kann man $n_1/(n_1 - 1) \approx
1$ und $n_2/(n_2-1) \approx 1$ setzen, so daß sich unter Beachtung von (13)

\begin{displaymath}
s_{\rm z}^{2} = \frac{1}{n_1 - 1} \ \sum_{\rm i=1}^{n_1} \ ...
..._2 - 1} \ \sum_{\rm k=1}^{n_2} \ v_{\rm 2k}^2 \ f_{\rm x_2}^2
\end{displaymath}

ergibt, was sich mit (19) endgültig in
\begin{displaymath}
s_{\rm z}^{2} = s_{\rm x_1}^2 \ f_{\rm x_1}^2 \ (\bar{x}_1,...
...2) +
s_{\rm x_2}^2 \
f_{\rm x_2}^2 \ (\bar{x}_1, \bar{x}_2)
\end{displaymath} (23)

umschreiben läßt. Damit ist die Rechenvorschrift zur Ermittlung der Standardabweichung $s_{\rm z}$ aus den Standardabweichungen $s_{\rm x_1}$ und $s_{\rm x_2}$ gefunden. Die Beziehung (23) zeigt, wie sich Fehler in den Beobachtungsgrößen $x_1$ und $x_2$ auf die Unsicherheit der gesuchten Größe $z$ auswirken. Dieses Fehlerfortpflanzungsgesetz für die Standardabweichungen läßt sich sofort auf den Fall erweitern, daß die Größe $z$ von $m$ Beobachtungsgrößen $x_1, x_2, \dots x_{\rm m}$ abhängt,
\begin{displaymath}
z = f(x_1, x_2, \dots x_{\rm m}).
\end{displaymath} (24)

Aus (22) folgt
\begin{displaymath}
\bar{z} = f(\bar{x}_1, \bar{x}_2, \dots \bar{x}_{\rm m})
\end{displaymath} (25)

und aus (23)
\begin{displaymath}
s_{\rm z}^{2} = s_{\rm x_1}^2 \ f_{\rm x_1}^2 (\bar{x}_1, \...
..._{\rm m}}^2 \ (\bar{x}_1, \bar{x}_2,
\dots \bar{x}_{\rm m}).
\end{displaymath} (26)

Aus (23) bzw. (26) läßt sich abschätzen, welcher Summand (welche Beobachtungsgröße) den Hauptbeitrag zum Gesamtfehler leistet. Man muß versuchen, die Unsicherheit speziell dieser Beobachtungsgröße - etwa durch eine erhöhte Anzahl von Beobachtungen - möglichst herabzudrücken.
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Juergen Weiprecht 2002-10-29