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18.3.3 Mittlerer Fehler und statistische Sicherheit des arithmetischen Mittels

Mittels des Fehlerfortpflanzungsgesetzes und der Standardabweichung $s_{\rm x}$ einer Einzelbeobachtung läßt sich der mittlere Fehler $s_{\bar{\rm x}}$ des arithmetischen Mittels (Standardabweichung des arithmetischen Mittels) bestimmen. Er ergibt sich zu
\begin{displaymath}
s_{\bar{\rm x}}^2 = \sum_{\rm i=1}^n \ s_{\rm x^2} \left( \frac{\partial
\bar{x}}{\partial \bar{x}_{\rm i}} \ \right) ^2.
\end{displaymath} (27)

Für die partiellen Ableitungen erhält man nach (9)

\begin{displaymath}
\frac{\partial \bar{x}}{\partial \bar{x}_{\rm i}} \ = \ \frac{1}{n} .
\end{displaymath}

Unter Verwendung von (15) folgt daraus, da $s_{\rm x}$ für alle Beobachtungen gleich ist,

\begin{displaymath}
s_{\bar{\rm x}}^2 = ns_{\rm x}^2 \cdot \frac{1}{n^2} = \fra...
... {1}{n \ (n-1)} \ \sum_{\rm i=1}^n \ (x_{\rm i} - \bar{x})^2.
\end{displaymath}

Während sich durch die Erhöhung der Anzahl $n$ der Beobachtungen die Standardabweichung der Einzelbeobachtungen nicht verkleinern läßt - in (15) kommt für jeden neuen Beobachtungswert ein Summand hinzu - ist dies bezüglich des arithmetischen Mittels möglich. Die Standardabweichung $s_{\bar{\rm x}}$ sinkt aber nur proportional zu $1/ \sqrt{n}$. Das arithmetische Mittel wird meist als endgültiges Beobachtungsergebnis angesehen. Es ist aber im allgemeinen nicht mit dem wahren Wert der Beobachtungsgröße identisch. Mit einer bestimmten statistischen Sicherheit $P(\varepsilon)$ befindet sich (bei Abwesenheit systematischer Fehler) der wahre Wert in einem Intervall $\bar{x} \pm \varepsilon $ um den Mittelwert. Die Intervallgröße ist von der Höhe von $P$ anhängig: Je größere Sicherheitsforderungen man stellt, um so größer ist zwangsläufig das Intervall, in dem der wahre Wert liegen kann. Zur Bestimmung von $P(\varepsilon)$ kann man wieder die Tabelle 1 benutzen, nur muß man jetzt $\varepsilon $ in Vielfachen von $s_{\bar{\rm x}}$, des mittleren Fehlers des arithmetischen Mittels, angeben, $w(\varepsilon )$ geht dann in $P(\varepsilon)$ über. Das Intervall $\bar{x} \pm \varepsilon $ wird als Vertrauensintervall des arithmetischen Mittels bei vorgegebener statistischer Sicherheit $P(\varepsilon)$ bezeichnet. Bei allen bisherigen Überlegungen wurde eine sehr große Anzahl $n$ von Beobachtungen vorausgesetzt. Vielfach ist das aber in der Realität nicht erreichbar. Je kleiner $n$ ist, um so stärker weicht die tatsächliche Verteilung der Beobachtungsfehler von der GAUSS-Verteilung (und entsprechend $s_{\rm x}$ von $\sigma_{\rm x}$) ab. Im Falle kleiner $n$ beschreibt man die Fehlerverteilung durch die sogenannte t-Verteilung (oder STUDENT-Verteilung), auf die hier aber nicht im einzelnen eingegangen werden kann. Es soll nur angegeben werden, wie sich für eine bestimmte, vorgegebene statistische Sicherheit $P$ die Größe des Vertrauensintervalls $\bar{x} \pm
\tilde{\varepsilon }_{\bar{\rm x}}$ bei kleinem $n$ ergibt. Es gilt
\begin{displaymath}
\tilde{\varepsilon }_{\bar{\rm x}} = t(P, n) \ s_{\bar{\rm x}} \ =
\ t (P, n) \
\frac{1}{\sqrt{n}} \ s_{\rm x} .
\end{displaymath} (28)

Dabei ist $t(P, n)$ ein Korrekturfaktor, der von der Höhe der vorgegebenen statistischen Sicherheit $P$ und der Anzahl $n$ der zur Verfügung stehenden Beobachtungen abhängt. In der Tabelle 2 ist $t(P, n)$ für einige $P$- und $n$-Werte angegeben. Der Vergleich mit Tabelle 1 zeigt, daß für sehr große $n (n \to
\infty ) \ \tilde{\varepsilon}_{\bar{\rm x}}$ in $\varepsilon _{\bar{\rm x}}$ übergeht. Ist die gesuchte Größe $z$ nur indirekt zu ermitteln, so errechnet man zunächst für die einzelnen Beobachtungsgrößen $x_1, x_2, \dots x_{\rm l}$ die Größe des Vertrauensintervalls $\bar{x}_{\rm i} \pm \varepsilon _{\bar{\rm x}
_{\rm i}}$ um die jeweiligen arithmetischen Mittel bei vorgegebener statistischer Sicherheit $P$:

\begin{displaymath}
\tilde{\varepsilon}_{\bar{\rm x}_{\rm j}} \ = \ t(P, n_{\rm...
...^2}{n_{\rm j}
(n_{\rm j} - 1)}} ; \qquad (j = 1, 2, \dots l)
\end{displaymath}

In Analogie zu (26) ergibt sich aus diesen Werten die Größe des Vertrauensintervalls $\bar{z} \pm \tilde{\varepsilon} _{\bar{\rm z}}$ mit

\begin{displaymath}
\tilde{\varepsilon}_{\bar{\rm z}}^2 \ = \ \sum_{\rm j=1}^{l...
... x_{\rm j}}^2 (\bar{x}_1, \bar{x}_2, \dots \bar{x}_{\rm l}) .
\end{displaymath}

Bei der Berechnung des arithmetischen Mittels $\bar{z}$ benutzt man formal

\begin{displaymath}
n \ = \prod_{\rm j=1}^{l} n_{\rm j} .
\end{displaymath}


Tabelle 2: Die STUDENT-Verteilung für eine kleine Anzahl $n$ von Beobachtungen. Wahrscheinlichkeiten dafür, daß ein Zufallsereignis innerhalb vorgegebener Intervallgrenzen liegt.
  P = 68,3% P = 95,0% P = 99,0% P = 99,7%
n t t/$\sqrt{n}$ t T/$\sqrt{n}$ t t/$\sqrt{n}$ t t/$\sqrt{n}$
                 
2 1,80 1,270 12,70 9,00 64,0 45,30 235,0 166,20
3 1,32 0,762 4,30 2,50 9,9 5,70 19,2 11,10
4 1,20 0,600 3,20 1,60 5,8 2,90 9,2 4,60
5 1,15 0.514 2,80 1,20 4,6 2,10 6,6 3,00
6 1,11 0,453 2,60 1,10 4,0 1,70 5,5 2,30
8 1,08 0,382 2,40 0,84 3,5 1,20 4,5 1,60
10 1,06 0,335 2,30 0,72 3,2 1,00 4,1 1,30
20 1,03 0,230 2,10 0,47 2,9 0,64 3,4 0,77
30 1,02 0,186 2,00 0,37 2,8 0,50 3,3 0,60
50 1,01 0,143 2,00 0,28 2,7 0,38 3,2 0,45
100 1,00 0,100 2,00 0,20 2,6 0,26 3,1 0,31
200 1,00 0,071 1,99 0,14 2,6 0,18 3,0 0,21
n $\to \infty $ t $\to$ 1   t $\to$ 1,96   t $\to$ 2,58   t $\to$ 3  


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Juergen Weiprecht 2002-10-29