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2.2.3 Hinweise

Zu 1.: Bei den gegebenen Katalogsternen handelt es sich um sehr genau vermessene Sterne (sogenannte Fundamentalsterne). Die zu vermessenden Sterne werden so ausgewählt, daß ihre Zenitdistanzen im Bereich von 0$^{\circ}$ bis 90$^{\circ}$ verteilt sind, wobei die Abstände in $z$ mit wachsender Zenitdistanz kleiner werden sollten, um eine dichtere Folge von Meßwerten bei großen Zenitdistanzen zu gewährleisten. Für die Vermessung von mindestens 20 Sternen mit der gewünschten Verteilung in $z$ sollte ein Zeitraum von mindestens 2 h veranschlagt werden. Für die Auswahl der in der Meßzeit günstig stehenden Sterne (Sternbilder) kann eine drehbare Sternkarte verwendet werden. Zur Identifizierung der auf der drehbaren Sternkarte nicht näher ausgewiesenen Sterne mit den im Katalog aufgeführten Objekten sollte entweder auf geeignete Sternatlanten (z.B. Himmelsatlas von MARX/PFAU [9]) oder Computerprogramme (z.B. PC COSMOS [10]) zurückgegriffen werden. Zum Aufsuchen der zu vermessenden Sterne am Himmel werden Umgebungskarten empfohlen, die aus Himmelsatlanten entnommen werden können. Die Handhabung des Theodoliten ist in Abb. 3 dargestellt. Die Feinhorizontierung des Theodoliten mittels Röhrenlibelle hat besonders sorgfältig zu erfolgen: beim THEO 010 A entsprechen 2 mm Blasenweg einem $\Delta z$ von 20$''$. Die azimutale Ausrichtung des Theodoliten kann grob mit Hilfe des Polarsterns erfolgen. Zur Zenitdistanzmessung wird der entsprechende Stern auf das Fadenkreuz eingestellt und die genaue Zeit (MEZ, Funkuhr) gestoppt. Für eine genaue Höhenmessung sind besonders Sterne in Nord- und Südrichtung geeignet ( $\frac{{\rm d}h}{{\rm d}t} \approx 0$). Während man am Nord- und Südhimmel zur Gewinnung verschiedener Zenitdistanzen entsprechend viele entsprechende Sterne vermessen muß, reichen in Ost- und Westrichtung einige wenige, die (mit einem größeren Fehler) zu verschiedenen Zeiten bei verschiedenen Zenitdistanzen stehen. Insbesondere die Westrichtung ist dann geeignet, wenn es darum geht, sehr große (horizontnahe) Zenitdistanzen zu messen. Dazu kann ein heller Stern während seines Untergangs verfolgt und mehrmals vermessen werden (selbst hellere Sterne lassen sich im Horizontdunst meist nur noch durch das Fernrohr wahrnehmen und verfolgen).
Zur Abschätzung des Horizontierungsfehlers können die Zenitdistanzen von Sternen, die in zueinander entgegengesetzen Himmelsrichtungen stehen, verglichen werden.
Zur Bestimmung des Nullpunktfehlers der Höhenskala wird die Zenitdistanz eines Fixpunktes einmal mit dem Fernrohr in Normallage und einmal mit umgeschlagenem Fernrohr gemessen.

Zu 2.: Zur Bestimmung von $z_{\rm wahr}$ zum Beobachtungszeitpunkt, d.h. von der Zenitdistanz, wie sie bei Fehlen der Erdatmosphäre beobachtet werden könnte, müssen die im Katalog aufgeführten Koordinaten $\alpha_{2000}$ und $\delta_{2000}$ (Normalörter der Sterne) der vermessenen Sterne zunächst in ihre theoretisch ohne atmosphärische Refraktion beobachtbaren Koordinaten $(\alpha_{\rm t_{beob}}, \delta_{\rm t_{beob}})$ zum Beobachtungszeitpunkt (scheinbare geozentrische Örter der Sterne) überführt werden. Die Definition der verschiedenen Gestirnsörter und die damit verbundene Behandlung der Problematik der scheinbaren Änderungen von Fixsternkoordinaten sind im Versuch "`Aufsuchen und Klassifizieren von astronomischen Beobachtungsobjekten"' näher beschrieben. Die scheinbaren geozentrischen Örter können entweder einem entsprechenden Ephemeridenwerk (z.B. Apparent places of Fundamental Stars [3]) entnommen werden oder man nutzt zu ihrer Bestimmung ein geeignetes Computerprogramm (z.B. ICE [7]). Danach kann $z_{\rm wahr}$ durch Koordinatentransformation (Koordinaten des rotierenden Äquatorsystems $\rightarrow$ Horizontkoordinaten) aus $(\alpha_{\rm t_{beob}}, \delta_{\rm t_{beob}})$ sowie den exakten Werten für die Beobachtungszeit und die geographische Breite des Beobachtungsortes (siehe Versuch "`Aufsuchen und Klassifizieren von astronomischen Beobachtungsobjekten"') berechnet werden, was sich mittels eines kleinen Computerprogramms (z.B. KOORDTRA [8]) vereinfachen läßt.

Zu 3.: Für die Berechnung von $R_{\rm theo}$ nach dem kugelsymmetrischen Atmosphärenmodell können Sie das Rechnerprogramm REFRAKT [11] verwenden. Wie sieht die Refraktionskurve auf anderen Planeten aus (die im Programm benötigten Werte können aus den Tabellen 1 und 2 entnommen bzw. mit deren Hilfe ermittelt werden)? Begründen Sie die Unterschiede zur Erdatmosphäre!


Tabelle 1: Charakteristische Parameter der Planeten Venus, Erde und Mars und ihrer Atmosphären.

Parameter Venus Erde Mars
$M_{\rm Planet}/M_{\rm Erde}$ 0,8150 1 0,1074
Radius [km] 6052 6378 3397
Schwerebeschleunigung [m/s$^2$] 8,72 9,81 3,72
Bodendruck [kPa] 9000 101,3 0,66
Mittlere Oberflächentemperatur [$^{\circ}$C] 457 15 -55
Adiabatischer Temperaturgradient [K/km] 10,5 9,8 4,5
Atmosphärenbestandteile [Vol.-%] CO$_2$: 96   CO$_2$: 95
  N$_2$: 3,5   N$_2$: 2,7
      Ar: 1,6
      O$_2$: 0,1

Tabelle 2: Brechungsindex $n_{1_0}$ (atmosphärische Normbedingungen) bei $\lambda = 0,5893 \mu$m (D-Linien) sowie Molekulargewicht verschiedener molekularer Gase. Der Brechungsindex bei anderen Wellenlängen kann mit Hilfe der Größen $A$ und $B$ wie folgt ermittelt werden: $n_{1_0} = 1 + A \cdot (1+\frac{B}{\lambda^2})$, $\lambda$ in $\mu$m (siehe [2] S. 87 und 115).

Molekül $n_{1_0}$ $A$ $B$ Molekulargewicht
  $[0,5893 \mu$m] $[\times 10^{-5}]$ $[\times 10^{-3}]$ [g/mol]
"`Luft"' 1,0002918 28,71 5,67 28,970 (trocken)
H$_2$ 1,0001384 13,58 7,52 2,02
O$_2$ 1,000272 26,63 5,07 32,00
N$_2$ 1,000297 29,06 7,7 28,02
H$_2$O 1,000254 516 (Radio) 18,02
CO$_2$ 1,0004498 43,9 6,4 44,01
CO 1,000334 32,7 8,1 28,01
NH$_3$ 1,000375 37,0 12,0 17,04
NO 1,000297 28,9 7,4 30,01
CH$_4$ 1,000441     16,05


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Juergen Weiprecht 2002-10-29