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5.1.2 Meßgrößen und daraus ableitbare Parameter

Bis zur Erfindung der Photoplatte und anderer Strahlungsempfänger war das menschliche Auge der einzige Empfänger zur Wahrnehmung der Strahlung. Die mit dem Auge bestimmten scheinbaren Helligkeiten beziehen sich auf den optisch sichtbaren (visuellen) Teil des elektromagnetischen Spektrums. Entsprechend der Eigenschaften der jetzt im Gebrauch befindlichen Empfänger lassen sich Strahlungsströme aus einem viel breiteren Spektralbereich (Röntgenstrahlung bis Radiostrahlung) messen. Das zeitliche Verhalten der Strahlungsströme bei verschiedenen Wellenlängen liefert wichtige Informationen über die physikalischen Ursachen des Lichtwechsels. Primäre Daten für die Deutung des Lichtwechsels sind die durch Messungen bzw. Schätzungen (menschliches Auge) zur Zeit $t$ bestimmten scheinbaren Helligkeiten eines Veränderlichen $m(t)$. Ihre Darstellung (Abb. 1) ergibt die Lichtkurve. Diese Bezeichnung ergibt sich aus der Verbindung der einzelnen Helligkeiten zu einer kontinuierlichen Kurve. Je größer der zeitliche Abstand zweier Meßwerte ist, um so unsicherer ist das Verhalten des Veränderlichen in den Zwischenzeiten der Zeitreihe bekannt. Zweckmäßigerweise werden die Beobachtungszeiten in das fortlaufende Julianische Datum umgerechnet. Definitionsgemäß beginnt der Julianische Tag 12 Uhr Weltzeit (UT), und zwar 12 Stunden später als das entsprechende Kalenderdatum. (Beispiel: der 30. Juni 1994 hat das JD 2449534 und dauert vom 30. Juni 13 Uhr MEZ bis zum 1. Juli 13 Uhr MEZ). Die scheinbaren Helligkeiten variieren für jeden Veränderlichen in einem als Amplitude $\Delta$ $(m)$ bezeichneten Intervall. Der Lichtwechsel kann streng periodisch verlaufen, periodische Zeitabschnitte besitzen oder völlig irregulär sein. Die Form der Lichtkurve liefert wichtige Informationen über die physikalische Natur des Lichtwechsels.





Abb.: 1: Lichtkurven zweier veränderlicher Sterne. Die Lichtkurve des zu den Pulsationsveränderlichen vom Typ ZZ Ceti gehörenden Veränderlichen ZZ Psc (oben) ist absolut über dem heliozentrischen Julianischen Datum aufgetragen. Im Falle des kurzperiodischen Bedeckungsveränderlichen V 728 Her (unten) sind die Meßwerte (in den Farbbereichen B und V) in Abhängigkeit von der Phase aufgetragen. Die dargestellten Differenzen $\Delta$V, $\Delta$B beschreiben den Lichtwechsel in Bezug auf einen Vergleichsstern.
Für den Fall eines periodischen Lichtwechsels lassen sich aus den Meß- bzw. Beobachtungswerten die Zeitpunkte, wann der Stern ein Helligkeitsmaximum ($t_{\rm max}$), bzw. -minimum ($t_{\rm min}$) hatte, bestimmen. Aus diesen Daten läßt sich die Periode $P$ des Lichtwechsels ableiten. Besonders gut erfaßte Maxima bzw. Minima kann man als Ausgangswerte (Ausgangsmaxima, -minima)  $t_0$ wählen und bei bekannter Periode die Zeitpunkte weiterer Maxima bzw. Minima berechnen. Die Anzahl der dabei eingehenden Zyklen wird als Epochenzahl $E$ bezeichnet. Allgemein läßt sich der Zeitpunkt eines Helligkeitsmaximums, -minimums aus der Beziehung

\begin{displaymath}
t_{\rm max}, t_{\rm min} = t_0 + EP \qquad (E: {\rm ganzzahlig})
\end{displaymath} (1)

berechnen. Interessiert man sich dafür, an welcher Stelle eines zyklischen Lichtwechsels ein bestimmter Meßwert liegt, so kann man das mit der Angabe der sogenannten Phase $\varphi$ ausdrücken. Sie ergibt sich für einen beliebigen Zeitpunkt $t$ aus der Beziehung
\begin{displaymath}
\varphi (t) = \frac{t - t_0}{P} \pm E(t).
\end{displaymath} (2)


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Juergen Weiprecht 2002-10-29