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7.1.3.1 Doppelsterne

Bei der Beobachtung von Doppelsternen durch ein MICHELSON-Sterninterferometer entsteht in der Brennebene des Teleskops für jede Komponente des Doppelsternsystems ein Interferenzstreifensystem (siehe Abb. 2 unten), wobei beide Streifensysteme entsprechend dem Winkelabstand $\rho$ der Komponenten zueinander verschoben sind. Da das Licht der Doppelsternkomponenten zueinander inkohärent ist, spielen Interferenzerscheinungen keine Rolle und die Intensitätsverteilungen der einzelnen Interferenzstreifensysteme addieren sich einfach zu einer resultierenden Verteilung, welche auch wieder durch einen Wert von $V$ charakterisiert werden kann. Haben die Doppelsternkomponenten in der Brennebene den Abstand $x_\rho = f \frac{\lambda}{2d}$, d.h. das zentrale Maximum des Streifensystems der einen Doppelsternkomponente überlagert das dem zentralen Maximum angrenzende Minimum der zweiten Komponente, wodurch der Streifenkontrast $V$ mehr oder weniger verschwindet (die Tiefe des Minimums vom $V$ ist auch vom Helligkeitsverhältnis der Doppelsternkomponenten abhängig). Bei einem Komponentenabstand von $x_\rho = 2 \cdot f \frac{\lambda}{2d}$ überlagert das zentrale Maximum der einen Komponente das dem zentralen Maximum benachbarte Maximum der zweiten Komponente, wodurch $V$ ein Maximum erreicht. Bei $x_\rho = 3 \cdot f \frac{\lambda}{2d}$ wird $V$ wieder minimal, bei $x_\rho = 4 \cdot f \frac{\lambda}{2d}$ wieder maximal usw. (der Spaltabstand $d$ war bisher fest - folglich waren auch die Interferenzstreifensysteme der einzelnen Doppelsternkomponenten unverändert). Der kleinste mit dem MICHELSON-Sterninterferometer auflösbare Winkelabstand $\rho$ der Komponenten eines Doppelsternsystems beträgt also $\rho_{\rm Doppelspalt} = \frac{\lambda}{2d}$. Vergleicht man diesen Wert mit dem bei Beobachtung ohne Interferometeraufsatz auflösbaren Winkelabstand $\rho_{\rm Objektiv}$ erreichbaren Auflösungsvermögen, so ergibt sich bei $d=D$: $\frac{\rho_{\rm Doppelspalt}}{\rho_{\rm Objektiv}} =
\frac{\lambda / 2D}{1,22 \lambda / D}
= \frac{1}{2,44}$. Praktisch ist der Gewinn an Auflösung noch größer als $\approx$ 2,5. Zur Bestimmung des Winkelabstandes $\rho$ der Komponenten eines Doppelsternsystems wird der Verlauf des Kontrastes $V(d)$ in Abhängigkeit vom Spaltabstand bestimmt. Mit der Veränderung des Spaltabstandes verändern sich diesmal jedoch die Interferenzstreifensysteme der einzelnen Doppelsternkomponenten (mit wachsendem Spaltabstand werden die Abstände der Streifen - Minima II. Klasse - geringer, d.h. die Zahl der Streifen wächst, siehe dazu auch Abb. 3), der Abstand der Zentren der Streifensysteme zueinander bleibt jedoch gleich.


Die Intensitätsverteilung des Streifensystems, das im Falle des Lichtes eines Doppelsternsystems hinter einem Doppelspalt entsteht (siehe Abb. 4), kann als Summe der in der Brennebene um den Abstand $r$ verschobenen Intensitätsverteilungen der Interferenzstreifensysteme der einzelnen als punktförmig angenommenen Komponenten A und B des Doppelsternsystems (siehe Gleichung (1)) ausgedrückt werden:

$\displaystyle \hspace*{-2mm} I(x) \hspace{-2mm}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \hspace{2.2cm} I_{\rm A}(x)
\hspace{2.0cm} + \ \hspace{2.1cm} I_{\rm B}(x+r)$  
$\displaystyle \hspace*{-2mm} I(x) \hspace{-2mm}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \hspace{-3mm} \left(I_{\rm A_0} \cdot \frac{\sin^2
\left( \frac{b...
...\cos^2 \left(\frac{d}{\lambda} \pi \frac{x+r}{f} \right)
\hspace{-1mm} \right).$ (3)


Dabei liegt die Doppelsternkomponente A auf der optischen Achse, die Komponente B ist um den gesuchten Winkelabstand $\rho$, welcher in der Brennebene in $x$-Richtung als linearer Abstand $r$ erscheint, zu A verschoben (siehe Abb. 5), wobei gilt: $\rho \approx \frac{r}{f}$ ($\rho$ im Bogenmaß). Gleichung (3) kann vereinfacht werden, wenn man annimmt, daß $b \ll d$, d. h. wenn die die Streifen einhüllende Funktion $(\frac{\sin u}{u})^2$ nur sehr langsam abfällt, also in der Nähe des Zentrums $\approx 1$ ist:

\begin{displaymath}
I(x) = \left(I_{\rm A_0} \cdot
4 \cos^2 \left(\frac{d}{\la...
...2 \left(\frac{d}{\lambda} \pi \frac{x+r}{f} \right)\right).
\end{displaymath} (4)


Der Kontrast $V(d)$ des Streifensystems beim Spaltabstand $d$ kann nun bestimmt werden, indem man zunächst für die in (4) gegebene Intensitätsverteilung die Werte von $I_{\rm max}$ und $I_{\rm min}$ ermittelt und diese anschließend in (2) einsetzt. Mit $C=\frac{d}{\lambda}\frac{\pi}{f}$ ($C$ wird nur aus Übersichtsgründen eingeführt) und $\frac{I_{\rm A_0}}{I_{\rm B_0}} = \frac{1}{w}$ gilt:

$\displaystyle I_{\rm max} = I(x \hspace{-1mm}=\hspace{-1mm}0) =
4 I_{\rm A_0} +...
...ace{-1mm}f
\frac{\lambda}{2d}) =
4 I_{\rm B_0} \cos^2(\frac{\pi}{2}+C \cdot r),$      



\begin{displaymath}
V(d) \ = \ \frac{1 + w \cos (2 C \cdot r)}{1 + w } \ = \
\frac{1 + w \cos (2\pi \frac{d}{\lambda} \rho)}{1 + w }.
\end{displaymath} (5)



Aus Abb. 5 wird ersichtlich, daß eine Winkelabstandsbestimmung von Doppelsternen praktisch nur für solche Objekte mit geringem Helligkeitsunterschied $\Delta m$ möglich ist, da nur in diesen Fällen Kontrastunterschiede deutlich sichtbar werden ( $w=0,1 \rightarrow \Delta m= 2,5$mag, $w=0,01 \rightarrow \Delta m= 5$mag). Im Falle beobachtbarer Kontrastunterschiede kann dann aber neben der Abstandsinformation mit Hilfe von $V_{\rm max}$ und $V_{\rm min}$ auch auf das Intensitätsverhältnis $w$ geschlossen werden:

\begin{displaymath}
w = \frac{V_{\rm max} - V_{\rm min}}{V_{\rm max} + V_{\rm min}}.
\end{displaymath}




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Juergen Weiprecht 2002-10-29