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Im Gegensatz zur Radiointerferometrie sind interferometrische Messungen
im optischen Spektralbereich wegen der mechanischen Instabilität der
Teleskope und wegen der inhomogenen (statistischen) Verteilung des
Brechungsindexes in den Schichten der Erdatmosphäre erheblich
komplizierter, wenn nicht gar unmöglich. Derartige Inhomogenitäten
werden durch Temperaturvariationen (optischer Spektralbereich) oder
Schwankungen des Wasserdampfgehalts in der Luft (Radiobereich) hervorgerufen
und führen zu Phasenfluktuationen innerhalb der die Atmosphäre
durchlaufenden Wellenfronten.
Für jede Wellenlänge existiert ein Raumgebiet (Turbulenzzelle),
in dem die Wellenfront
nahezu eben bleibt, d.h. der Phasenunterschied ist
(siehe auch Abb. 9).
Ein für die Beobachtungspraxis wichtiges Maß für die Größe
dieser Turbulenzzelle ist der FRIEDsche Parameter . Diese von
D.L. FRIED (1965, [7]) eingeführte Skalenlänge gibt den
kritischen Durchmesser eines
Teleskops an, von dem an die beugungsbegrenzte Auflösung bedingt durch
die atmosphärische "`Verschmierung"' (mit normalen Mitteln) nicht mehr
erreicht werden kann.
Der FRIEDsche Parameter kann wie folgt berechnet werden
([17], S. 301):
|
(10) |
Dabei ist
die von der Wellenfront zu durchlaufende
Luftmasse bei der Zenitdistanz . Die Größe
charakterisiert die Stärke der Brechzahlinhomogenität bei der Höhe
in der Atmosphäre. Die Werte für
dh reichen von
bis
m
([17], S. 303), wobei
ein Wert von
m
als typisch angenommen
werden kann.
Aus Gleichung (10) ergibt sich eine Abhängigkeit
.
Folglich ist
das durch die Erdatmosphäre begrenzte (Luftunruhe, Turbulenz -
engl.: Seeing) Auflösungsvermögen eines Teleskopes
(
) proportional zu
,
d.h. die seeing-begrenzte Auflösung eines Teleskops (großer Öffnung)
wird mit größer werdender Wellenlänge besser.
Während bei der Beobachtung
mit einem Teleskop, dessen freie Öffnung ist,
zu einem beliebigen Zeitpunkt
(d.h. bei eingefrorener Turbulenzelementeposition) nur ein
Sternscheibchen zu sehen ist, sind bei einem Instrument größerer
Öffnung gleichzeitig mehrere Sternscheibchen zu sehen, die Verbreiterung
zu einem sogenannten Seeingscheibchen geht also viel schneller.
Das Streifensystem eines Interferometers wird in zweierlei Hinsicht
infolge der durch die Erdatmosphäre "`verbogenen"' Wellenfronten
"`verschmiert"'. Zum einen sind die optischen Wege von Lichtstrahlen
(Normalen zur Wellenfront) an verschiedenen Punkten der Wellenfront
verschieden lang, d.h. das Licht durchläuft die Atmosphäre an
verschiedenen Punkten verschieden schnell. Die daraus folgende
Wellenlängenvariation hat zur Folge, daß die Streifen
symmetrisch zum Schwerpunkt zusammen- oder auseinanderlaufen (siehe
Abb. 10).
Die Standardabweichung der optischen Weglänge zwischen zwei im Abstand
voneinander entfernten Punkten einer Wellenfront ergibt sich aus der
entsprechenden Standardabweichung der Phase
wie folgt ([17], S. 334):
|
(11) |
Setzt man das Ergebnis von (11) ins Verhältnis zur
Wellenlänge, so erhält man die Zahl der Streifen, um die sich
diese verschieben.
Die "`Verbiegung"' der Wellenfront hat desweiteren eine
Richtungsvariation der Lichtstrahlen zur Folge, welche sich in einer
Bewegung des Bildschwerpunktes um den Winkel äußert
(siehe Abb. 10). Die Standardabweichung
(im Bogenmaß) kann wie folgt berechnet werden
([17], S. 336):
|
(12) |
Im Gegensatz zur abbildenden Beobachtung ist der "`verschmierende"'
Einfluß
des Seeing bei der interferometrischen Beobachtung nicht so groß, da
hierbei das Streifenmuster nur dann "`verwaschen"' wird, wenn die durch
das Seeing bedingte Richtungsänderung parallel der Verbindungslinie
der Spalte erfolgt (bei einer senkrecht zur Spaltverbindungslinie
erfolgenden Richtungsänderung wird das Streifenmuster lediglich
verbreitert).
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Juergen Weiprecht
2002-10-29