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10.1.2 Visuelle Doppelsterne

Bei der visuellen Beobachtung von Doppelsternen handelt es sich stets um Relativmessungen. Man betrachtet die hellere Komponente als stationär und mißt die relative Position der Sekundärkomponente. Durch das Aufsammeln vieler einzelner Beobachtungen teilweise über viele Jahrzehnte hinweg erhält man die relative Bahn des Begleiters. Die Beobachtungen liefern aber nur die Projektion der wahren Bahn an die scheinbare Himmelskugel (siehe Abb. 5 in Aufgabe Nr. 14). Man kann jedoch die wahre Gestalt und Lage der Bahn berechnen, wenn man berücksichtigt, daß sich die Hauptkomponente entsprechend dem 1. KEPLERschen Gesetz in einem Brennpunkt der relativen Bahn des Begleiters befinden muß. In der Regel genügen jedoch zwei Bahnen gleicher Form und den Neigungen $\pm i$ den Beobachtungen. Der erste visuelle Doppelstern, dessen Bahnelemente vollständig bestimmt wurden, ist $\xi $ Ursae Majoris. Die Beobachtungen sind in Abb. 4 dargestellt. Auf den ersten Blick ist zu erkennen, daß die beobachtete Kurve nicht die wahre Bahn sein kann, da der Ursprung des Koordinatensystems - die primäre Komponente - nicht in einem Brennpunkt der Ellipse liegt.


Visuelle Doppelsterne bieten die Möglichkeit, bei bekannter Entfernung die Massensumme des Systems aus
$\displaystyle r \ [pc]$ $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{a \ [AE] }{a \ ['']} \qquad {\rm und}$  
$\displaystyle (M_1 + M_2)^{\frac{1}{3}} U^{\frac{2}{3}}$ $\textstyle =$ $\displaystyle a \,$ (4)

mit $M_1$ und $M_2$ in Sonnenmassen und $U$ in [$a$] abzuleiten. Umgekehrt läßt sich die Entfernung des Systems relativ genau bestimmen, wenn man die große Halbachse in Bogensekunden kennt und über die Spektraltypen und die Masse-Leuchtkraft-Beziehung die Massensumme des Systems abschätzt. Dies ist die Methode der dynamischen Parallaxen.

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Juergen Weiprecht 2002-10-29