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15.1.3 Bahnelemente und Zustandsgrößen

Die relative Bahn einer Komponente eines Doppelsternsystems um die als Koordinatenursprung dienende Hauptkomponente kann durch die gleichen Parameter wie im Fall der Bahnen von Körpern unseres Sonnensystems beschrieben werden. Lediglich die Bezugsebene ist, angepaßt an die unterschiedliche Art der Beobachtung, anders definiert. Die anschließend aufgeführten Bahnelemente sind in Abb. 5 dargestellt.
a:
Die große Halbachse der relativen Bahn der Komponente B um A. Dabei ist $a=a_1 + a_2$ und $a_1$, $a_2$ sind die großen Halbachsen der Bahnen beider Körper um den Schwerpunkt des Systems.
e:
Die numerische Exzentrizität der Bahn.
$\omega$:
Der Winkelabstand des Periastrons vom aufsteigenden Knoten, gemessen in der Bahnebene und in der Bewegungsrichtung des Begleiters.
$\Omega$:
Die Länge des aufsteigenden Knotens der Bahn. Sie wird gemessen in der Tangentialebene an die scheinbare Himmelskugel durch den Stern A, ausgehend von der Nordrichtung, und ist immer kleiner als $180^\circ$. Die Knoten sind die Durchstoßpunkte der wahren Bahn durch die Tangentialebene. Aufsteigend bedeutet dabei, daß der Stern sich auf den Beobachter zubewegt.
i:
Die Neigung der wahren Bahn bezüglich der Tangentialebene.
U:
Die Umlaufperiode. Hierzu muß bemerkt werden, daß alle in Katalogen aufgelisteten oder von Beobachtern in irgendeiner Weise gegebenen Perioden nur scheinbare Perioden $P_{\rm s}$ sind, die sich auf ein heliozentrisches Koordinatensystem beziehen. Als Folge der endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts ergibt sich die wahre Periode $P_{\rm w}$ bezogen auf den Schwerpunkt des Doppelsternsystems wie folgt:
\begin{displaymath}
{P_{\rm s}} = {P_{\rm w} (1 + \frac{v_{\rm s}}{c})} \,.
\end{displaymath} (5)

Hier bedeuten $v_{\rm s}$ die heliozentrische Radialgeschwindigkeit des Schwerpunkts und c die Lichtgeschwindigkeit.
T:
Die Zeit (Epoche) des Durchgangs des Begleiters durch das Periastron.


Bei den Doppelsternbahnen wird ein Bahnelement mehr benötigt als im Fall der Bahnbestimmung eines Körpers im Sonnensystem. Da die Massen beider Komponenten eine vergleichbare Größe haben, tritt die Masensumme als zusätzlicher Parameter auf (siehe Gl. 2). Während im Sonnensystem die Angabe von $a$ ausreicht und $U$ damit über das dritte KEPLERsche Gesetz bestimmt ist, muß im Fall von Doppelsternbahnen die Umlaufzeit $U$ unabhängig bestimmt werden. Zusätzlich zu den Bahnelementen müssen aus der Lichtkurve noch die individuellen Parameter der einzelnen Komponenten bestimmt werden. Diese Zustandsgrößen der Sterne zusammen mit den Bahnelementen liefern erst eine vollständige Beschreibung des Systems. Die zu bestimmenden Größen für die beiden Komponente sind: die Radien $R_{\rm a}$ und $R_{\rm b}$, die Massen $M_{\rm a}$ und $M_{\rm b}$, die Leuchtkräfte $L_{\rm a}$ und $L_{\rm b}$, die effektiven Temperaturen $T_{\rm a}$ und $T_{\rm b}$, die Flächenhelligkeiten $J_{\rm a}$ und $J_{\rm b}$ sowie der Grad der Randverdunklung $u_{\rm a}$ und $u_{\rm b}$. Diese Parameter sind jedoch keine unabhängigen Parameter. Für die Masse besteht sowohl eine Abhängigkeit über das dritte KEPLERsche Gesetz (Gl. 2) mit $U$ und $a$ als auch mit der Leuchtkraft über die Masse-Leuchtkraft-Beziehung,
\begin{displaymath}
L \sim M^3 \,.
\end{displaymath} (6)

Ebenso sind Radius, Temperatur und Leuchtkraft über
\begin{displaymath}
L = 4 \pi R^2 \sigma T^4 \,
\end{displaymath} (7)

verknüpft und die beobachteten Helligkeiten $m_{\rm a}$ und $m_{\rm b}$ sind mit den Leuchtkräften durch
\begin{displaymath}
m_{\rm a} - m_{\rm b} = M_{\rm a} - M_{\rm b} = -2.5\, \log \left(
\frac{L_{\rm a}}{L_{\rm b}} \right) \,
\end{displaymath} (8)

verbunden, da für einen Beobachter auf der Erde beide Komponenten nahezu die gleiche Entfernung haben. Um das Problem der Randverdunklung möglichst einfach lösen zu können, nehmen wir an, daß die Flächenhelligkeit zum Sternrand hin proportional zum Kosinus des Winkels zwischen der Sichtlinie zum Beobachter und der Normalen zum betrachteten Flächenelement ist.
\begin{displaymath}
J_\vartheta = J(1 - u + u \cos \vartheta)
\end{displaymath} (9)


Das gilt nur unter der Voraussetzung einer grauen Atmosphäre und der EDDINGTONschen Näherung (siehe Aufgabe Nr. 12 Gl. 17). Der Grad der Randverdunklung wird durch $u$ angegeben, wobei $u = 0$ konstante Flächenhelligkeit bedeutet. Im Fall $u = 1$ fällt die Flächenhelligkeit zum Rand auf Null ab. Die Auswirkungen der Randverdunklung auf die Form der Bedeckungslichtkurve während eines Minimums sind in Abb. 6. dargestellt. Wir haben jetzt alle Größen, mit denen wir die Beobachtungen vollständig beschreiben können, kennengelernt und können uns jetzt mit der Analyse der Beobachtungen beschäftigen.
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Juergen Weiprecht 2002-10-29