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3.1.1 Zusammenhang zwischen den geographischen Koordinaten des Beobachtungsortes und Winkeln im Äquator- und Horizontsystem

Der durch den Beobachtungsort verlaufende Längenkreis erscheint in seiner Projektion an die scheinbare Himmelskugel als Meridian (siehe Abb. 1). Die geographische Länge eines Beobachtungsortes $\lambda_{\rm Beob}$, die in Bezug zu einem Längenkreis mit bekanntem $\lambda_{\rm Bezug}$ bestimmt werden kann, spiegelt sich an der scheinbaren Himmelskugel als Winkelabstand der zu den verschiedenen Orten gehörenden Meridiane wieder. Dieser Winkelabstand $\Delta \lambda$ kann aus der Differenz der Stundenwinkel, die von beiden Beobachtungsorten für ein und denselben Punkt an der scheinbaren Himmelskugel zur gleichen Zeit gemessen werden, die zugleich der Differenz der entsprechenden Sternzeiten (Ortszeiten) entspricht, bestimmt werden:
\begin{displaymath}
\Delta \lambda = \tau(\lambda_{\rm Beob}) - \tau(\lambda_{\...
... =
\theta(\lambda_{\rm Beob}) - \theta(\lambda_{\rm Bezug}).
\end{displaymath} (1)


Man kann aber auch die Zeitspanne, die zwischen den Meridiandurchgängen des von Beobachtungsorten bei $\lambda_{\rm Beob}$ und $\lambda_{\rm Bezug}$ an der scheinbaren Himmelskugel beobachteten Punktes vergeht, der Längenbestimmung zugrunde legen. Für die Zeitmessung können dabei verschiedene Bezugspunkte des gestirnten Himmels (Frühlingspunkt, Stern, Mittelpunkt der mittleren Sonne, ...) verwendet werden, welche auf verschiedene Tages- und damit astronomische Zeitdefinitionen zurückgehen (Sternzeit, mittlere Sonnenzeit, ...). Der Begriff mittlere Sonnenzeit wird im Abschnitt 3.1.4 näher erläutert. In jeweils 24 h entsprechender Zeit vollführt die Erde eine volle Umdrehung von $360^\circ$ relativ zu den entsprechenden Bezugspunkten. Einer Längendifferenz von $15^\circ$ entspricht folglich ein Zeitunterschied von 1 h in der jeweiligen Zeit.


Abb.1 : Bestimmung der geographischen Länge.

Mit den uns im allgemeinen zur Verfügung stehenden Uhren, die nach dem Zeitmaß der mittleren Sonnenzeit gehen (dies kann man sagen, da die Abweichungen infolge unregelmäßiger Schwankungen der Rotationsdauer der Erde sehr klein sind), bestimmen wir also die Zeit $t(\lambda_{\rm Beob})$ des Meridiandurchganges des Sonnenmittelpunktes am Beobachtungsort, die mit der Meridiandurchgangszeit $t(\lambda_{\rm Bezug})$ am Bezugsmeridian verglichen wird, wobei gilt:

\begin{displaymath}
\Delta \lambda = [t(\lambda_{\rm Beob}) - t(\lambda_{\rm Bezug})] \cdot
15 \frac{\circ}{\rm h} \cdot f.
\end{displaymath} (2)

Der Faktor $f$ verändert den Wert $15\frac{^\circ}{\rm h}$ dann ($f \not= 1$), wenn der beobachtete Bezugspunkt (wahre Sonne) nicht derjenige des verwendeten Zeitmaßes der mittleren Sonne ist (siehe Abschnitt 3.1.4). Die geographischen Breitenkreise erscheinen in ihrer Projektion an die scheinbare Himmelskugel als Deklinationskreise. Der Winkel, unter dem die Ebene eines beliebigen Deklinationskreises die Horizontebene des Beobachters schneidet, kann aus der Kulminationshöhe $h_{\rm Kulm}$ (größte Höhe über dem Horizont, siehe Abschnitt 3.1.2) eines auf ihm liegenden Sterns bestimmt werden, wobei die gemessene Höhe $h_{\rm Kulm}'$ um die Beträge der die Messung verfälschenden täglichen Parallaxe $p$ und atmosphärischen Refraktion $R$ (Brechung der Lichtstrahlen in der Atmosphäre) korrigiert werden muß: $h_{\rm Kulm} = h_{\rm Kulm}' + p - R$ (weitere Abweichungen werden hier nicht berücksichtigt). $p$ kann näherungsweise wie folgt berechnet werden: $p \approx \frac{r_{\rm E}}{r} \cdot
\cos h \cdot \frac{180^\circ}{\pi}$ ($r_{\rm E}$...Erdradius, $r$...Abstand zum Objekt). Der Wert von $R$ kann im Bereich $h_{\rm Kulm}' > 15^\circ$ näherungsweise wie folgt berechnet werden: $R = 60,^{''}3 \cdot \tan (90^\circ - h_{\rm Kulm}') - 0,^{''}064
\cdot \tan^3 (90^\circ - h_{\rm Kulm}')$ (siehe Versuch "`Bestimmung der atmosphärischen Refraktion"'). Die Ebene des Himmelsäquators liegt für einen Beobachter bei der geographischen Breite $\varphi_{\rm Beob} = 0^{\circ}$ (Äquator) senkrecht zur Horizontebene ( $h_{\rm Kulm,H''A} = 90^\circ$). Für einen beliebigen Beobachtungsort mit $\varphi_{\rm Beob}$ ergibt sich ein Winkel von $h_{\rm Kulm, H''A} =
90^\circ - \varphi_{\rm Beob}$. Verwendet man anstatt des Himmelsäquators einen beliebigen Deklinationskreis mit $\delta_{\rm Bezug}$ so kann die geographische Breite des Beobachtungsortes wie folgt ermittelt werden (siehe Abb. 2):
\begin{displaymath}
\varphi_{\rm Beob} = 90^\circ - h_{\rm Kulm} + \delta_{\rm Bezug}.
\end{displaymath} (3)


Abb.2 : Bestimmung der geographischen Breite.


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Juergen Weiprecht 2002-10-29