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16.3.1 CCD-Polarimeter

Die Untersuchung der Polarisation des Lichtes läßt den Astronomen Rückschlüsse auf Eigenschaften der entsprechenden Emissionsquellen ziehen (siehe dazu Kapitel 16.2.2 und 16.4). Gegenwärtig wird vor allem die lineare Polarisation des Lichtes untersucht (die zirkulare Polarisation liegt in vielen Fällen noch im Bereich der Meßungenauigkeit). Die Gewinnung von räumlich aufgelösten Polarisationsdaten wurde nach Einführung des CCD-Bauelementes in die astronomische Beobachtung (siehe nachfolgendes Kapitel) stark vereinfacht. Da abbildende Polarimeter heutzutage in der Regel mit CCD-Chips arbeiten, kann man auch von CCD-Polarimetern sprechen.
Im Gegensatz zu herkömmlich bekannten Polarimeteranordnungen (Polarisator, Probe, Analysator, Empfänger) besteht ein astronomisches Polarimeter nur aus Analysator und Empfänger, wobei letzterer durch die CCD gebildet wird. Zur Bestimmung der linearen Polarisation und der entsprechenden STOKES-Parameter werden die Intensitätsanteile bestimmt, die bzgl. der Referenzlinie Nord-Süd (Meridian) in vier verschiedenen Schwingungsrichtungen der Lichtwellen (0$^{\circ}$, 45$^{\circ}$, 90$^{\circ}$ und 135$^{\circ}$) vorliegen. Der dazu notwendige Analysator kann auf Grundlage zweier verschiedener physikalischer Mechanismen funktionieren.
Im ersten sehr einfachen Fall fungiert eine Polarisationsfolie (z.B. Zellulosefilm, in dem kleine Kristallnadeln aus Jodchininsulfat orientiert eingelagert sind [4] S.562) durch ihre dichroitische Eigenschaft (vgl. Kapitel 16.2.2.1) als Analysator. Ein abbildendes Polarimeter besteht somit in seiner einfachsten Form aus einem CCD-Photometer, in dessen Strahlengang eine drehbar installierte Polarisationsfolie gebracht wurde. Polarisationskarten können mit dieser Anordnung auf Grundlage von vier nacheinander aufgenommenen CCD-Bildern erstellt werden, bei denen die Durchlaßrichtung der Polarisationsfolie in Bezug auf das Referenzsystem der Beobachtung (siehe Kapitel 16.3.4) nacheinander die Winkel 0$^{\circ}$, 45$^{\circ}$, 90$^{\circ}$ und 135$^{\circ}$ einnimmt. Von Nachteil bei dieser Art von Analysatoren ist deren starke Absorbtion. Außerdem sind sie dahingehend ineffektiv, daß die senkrecht zur Durchlaßrichtung polarisierten Intensitätsanteile nicht zur Auswertung kommen. Der unter Nutzung dieser Anordnung auftretende Fehler ist so groß, daß sie sich nur für Objekte mit stark polarisierter Strahlung eignet.
Eine genauere Messung ist durch eine Analysatoranordnung möglich, die auf Grundlage der Doppelbrechung arbeitet. Grundprinzip der Doppelbrechung ist die Aufspaltung der einfallenden Strahlung in zwei senkrecht zueinander polarisierte Anteile (parallel und senkrecht zur Hauptebene des doppelbrechenden Kristalls). Die zwei entstehenden Strahlen werden auch als ordentlicher und außerordentlicher Strahl bezeichnet. Das bedeutet, daß im Zuge einer Messung die Gesamtintensität der Strahlung (beide senkrecht zueinander polarisierte Intensitätsanteile) ausgewertet werden kann (Zweistrahlpolarimeter). Doppelbrechende und gleichzeitig strahlteilende Bauelemente sind zum Beispiel das NICOLSCHE Prisma oder auch das WOLLASTON-Prisma.
Die Lage der strahlteilenden Prismen ist konstruktiv fest, da so die Strahlversetzung bei allen Messungen nur in einer Richtung vorliegt. Um die vier verschiedenen Analysatorstellungen zu realisieren, wird in den Strahlengang ein drehbar gelagertes $\lambda$/2-Plättchen (doppelbrechendes Plättchen geeigneter Dicke, das die Phasen der Komponenten der einfallenden Strahlung um 180$^{\circ}$ zueinander verschiebt, z.B. aus Gips oder Glimmer) gebracht. Bei einer Drehung des $\lambda$/2-Plättchens um den Winkel $\varphi$ wird die Polarisationsebene der einfallenden polarisierten Strahlung um $2\varphi$ gedreht. Gegenüber den 45$^{\circ}$-Schritten bei der Drehung der Polarisationsfolie wird das Halbwellenplättchen also in 22,5$^{\circ}$-Schritten gedreht.
Ein Beispiel für ein Zweistrahlpolarimeter ist das DURHAM-Bild-Polarimeter (Abb.6).




Um eine Polarisationskarte des gesamten Bildes (alle Streifen des Bildes) zu erstellen und die systematischen Instrumentenfehler zu eleminieren, werden z.B. beim DURHAM-Bild-Polarimeter insgesamt zwölf CCD-Aufnahmen benötigt. Für eine lichtschwache Galaxie werden dazu ungefähr 5 Stunden Beobachtungszeit und zur Erstellung der Polarisationskarte noch einmal 2 Stunden Rechenzeit veranschlagt.
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Juergen Weiprecht 2002-10-29